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Heilbronner Land

Unteres Neckartal: Radlerparadies am Fluss

Heilbronner LandDer verwunschene Landstrich im Landkreis Heilbronn lockt mit herrschaftlichen Schlössern, Burgen und romantischen Städtchen entlang der Burgenstrasse

Von Gerd Krauskopf

 Für Momente wie diesen lohnt der halbstündige Aufstieg von Gundelsheim hoch hinauf zum Calvarienberg. Timo und Sonja haben uns diesen Tipp gegeben und Marita und mich gleich begleitet. Vorbei geht es an einer Kapelle, Kreuzigungsgruppe und Kreuzwegstation aus dem 17. Jahrhundert weiter hinauf in den Weinberg. Während wir den steilen Berg atemschwer  hochhecheln, fährt das junge Paar mit seinen E-Bikes elegant vor uns her und wartet in einigem Abstand auf uns. Dabei zieht Timo seinen sechsjährigen Sohn auf seinem kleinen Fahrrädchen mit einer Schnur hinter sich her und Sonja hat ihre Tochter im Heilbronner Land

Kinderanhänger im Schlepptau. Oben angekommen – wir atmen noch schwer vom Aufstieg – werden wir aber besänftigt vom sagenhaften Fernblick. Wir schauen in die Ebene, die uns zu Füßen liegt, erblicken riesige Äcker, Wiesen und Wälder. Staunen über den Neckar mit seiner mächtigen Schleuse, in der ab und an beladene Lastenkähne gehoben oder gesenkt werden. Sie ist eine von siebenundzwanzig Schleusen, erzählt Timo, die von Plochingen über Heilbronn bis zum Rhein bei Mannheim mit 149 Metern Höhenunterschied den Neckar schiffbar gemacht haben. Während wir unsere mitgebrachte Picknickdecke auf dem Grasboden ausbreiten, verabschiedet sich die junge Familie und fährt gemütlich den steilen Berg hinunter. Wir machen es uns auf der Decke bequem, entkorken eine Flasche Rotwein und Heilbronner Landbefüllen unsere Gläser. Der edle Rebensaft stammt von der benachbarten Steillage Himmelreich, bei der mit meterhohen Mauern kleinste bewirtschaftete Flächen ermöglicht werden. Dabei ist sie die steilste noch bewirtschaftete Weinlage in Württemberg und wird teils vom Staatsweingut Weinsberg, teils von Privatwinzern bebaut. 

 

Während die Dunkelheit allmählich über uns in dieser unaufgeregten Gegend hereinbricht, zünden wir unsere kleine Campinglampe an und prosten uns zu. Kuckuck, krächzt ein dunkler, geheimnisvoller Ruf aus einem nahen Waldstück an unser Ohr und unten im Tal gehen in den Häusern von Gundelsheim mit seinen historischen Bauten die Lichter an. Auch die anmutige Fassade von Schloss Horneck – das Prunkstück der Region – dort unten hoch über dem kleinen Städtchen Gundelsheim wird nun beleuchtet. Ebenso erstrahlt hinter dem Neckar auf Heilbronner Landdem gegenüberliegenden Berg das alte Gemäuer von Burg Guttenberg über dem Örtchen Haßmersheim-Neckarmühlbach. Die beiden Burgen beherrschten einst den Verbindungsweg zwischen Heilbronn und Heidelberg. Noch heute residiert die Familie der Freiherren von Gemmingen-Guttenberg in der siebzehnten Generation im mittelalterlichen Anwesen, das nie zerstört worden ist. Die Höhenburg verströmt 800 Jahre Geschichte und hat ganz unterschiedliche Epochen erlebt.Seit 1970 ist die Deutsche Greifenwarte dort untergebracht und Besucher aus aller Welt bestaunen die Flugvorführungen frei fliegender Adler, Geier und Eulen. 

Schloss Horneck hier auf dieser Flussseite ist das größte Neckarschloss nach Heidelberg und Wahrzeichen der Deutschordensstadt Gundelsheim. Es wurde im 13. Jahrhundert vom Deutschen Ritterorden erbaut und war nach Marienburg und Riga 1420 der dritte Hauptsitz der Deutschordensritter. Beim Bauernaufstand unter Götz von Berlichingen, dessen Burg Hornberg aus dem 11. Jahrhundert nur ein paar Kilometer neckarabwärts thront, brannte Schloss Horneck völlig aus. Im wiederaufgebauten Schloss – ein Renaissancegebäude auf der Basis des einstigen Grundrisses – verblieb nur eine Komturei. Heute ist dort das Siebenbürgische Heilbronner LandKulturzentrum mit Museum untergebracht und besitzt die größte Sammlung siebenbürgischer Materialkultur außerhalb Rumäniens. Einst waren die Siebenbürger Sachsens dort eine deutschsprachige Minderheit und die Stadt bot nach Kriegsende vielen Flüchtlingen und Heimatvertriebenen eine Unterkunft. Der Verein Siebenbürgisches Kulturzentrum Schloss Horneck ist seit 2015 Besitzer des Schlosshotels. Damals hatten 1450 Siebenbürger Sachsen innerhalb von drei Monaten 1,4 Millionen Euro gespendet und so den Kauf des historischen Gebäudes mit Blick auf Weinberg und Neckar ermöglicht.

 

 Hier im Nordosten von Baden-Württemberg geizt es nicht mit Ausflugszielen. Überhaupt erleben Besucher auf der Burgenstrasse – die von Mannheim vorbei an rund 70 Burgen und Schlössern bis nach Bayreuth führt – eine spannende Zeitreise. Wer es – wie wir – auf dieser Ferienstrasse darauf anlegt, kann im Bereich Gundelsheim mit dem Fahrrad an einem Heilbronner LandTag  Schloss Horneck, Burg Guttenberg und die Stadt der Kaisergeschlechter der Staufer, Bad Wimpfen, erstrampeln. Von Gundelsheim sind es gerade mal zwölf Kilometer. Eine Wonne ist es, auf dem eigens angelegten Neckartalradweg die würzige Luft zu genießen, während das Wasser des Neckars funkelt. 

 

Schon von weitem werden wir von der markanten Stadtsilhouette der größten Kaiserpfalz nördlich der Alpen begrüßt. Da wir keine E-Bikes besitzen, stellen wir unsere Räder am S-Bahnhof unter einer überdachten Abstellmöglichkeit für Fahrräder ab. So schlendern wir ganz entspannt über das Kopfsteinpflaster den steilen Berg hinauf und es geht vorbei an feinstem Heilbronner Landalten Fachwerk-Ensemble. Bad Wimpfen ist auch so ein Ort, der das Herz berührt. Durch die Palas-Arkadenfenster wandert der Blick weit über die Ebene mit ihren Neckarschleifen. Die unterschiedlich gestalteten Rundbögen, Würfelkapitelle und Säulen gelten als Besonderheit aus der Zeit um 1200. Der Palas war der Ort, wo die reisenden Könige des Mittelalters Hof hielten und somit das wichtigste Gebäude. Ein paar Schritte weiter überragt der 58 Meter hohe „Blaue Turm“ und Wahrzeichen der Stadt den kleinen Ort. Als westlicher Bergfried wurde er errichtet und diente bis ins frühe 20. Jahrhundert als Wachturm einst für die Ausschau nach Feinden und Heilbronner Landspäter zur Früherkennung von Feuer. Leider hat man vor zwei Jahren Risse im Mauerwerk entdeckt. Daher ist das 800 Jahre alte Bauwerk zurzeit eingerüstet und wird saniert. Und da eine Besteigung nicht möglich ist, machen wir uns gut gestärkt nach einem lachsfarbenen Sonnenuntergang von hier oben auf den Rückweg. Bergabwärts nach Gundelsheim sind purer Genuss. Ab und an schauen wir mit einem guten Gefühl auf die markante Stadtsilhouette zurück. Ja, das Neckartal ist schon ein Radlerparadies. Der Jedermann-Sport kann für neues Leben in den Dörfern und Städtchen sorgen.

 

Weitere Informationen: 

Die Burgenstraße e.V., Allee 12, 74072 Heilbronn, Tel. 07131/9735010, www.burgenstrasse.de

Schloss Horneck, Schloss Horneck 1, 74831 Gundelsheim, Tel. 06269/4289888, www.schlosshotel-horneck.de

Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V., Schloß Horneck, 74831 Gundelsheim, Tel. 06269/4275619, Geöffnet: Montag 13–17 Uhr, Dienstag bis Freitag 10–14 Uhr

Anfahrt mit der Bahn 

Gundelsheim ist mit der Bahn im Stundentakt zu erreichen. Es liegt an der Strecke Stuttgart-Heilbronn-Heidelberg. Vom Bahnhof sind es 10 Minuten Fußweg zum Schloss.

 

Anfahrt mit dem Auto, 

 

Autofahrer verlassen die A 6 bei „Heilbronn/Neckarsulm“ und fahren auf der B 27 noch 12 km nordwärts Richtung Mosbach. Parkplätze sind vor dem Schloss reichlich vorhanden. 

 

 

Burg Guttenberg, www.burg-guttenberg.de und Deutsche Greifenwarte, www.deutsche-greifenwarte.de,Burgstraße 1, 74855 Haßmersheim, Tel. 06266/388; Öffnungszeiten von April bis Oktober täglich von 09:00 bis 18:00 Uhr, Flugvorführungen 11:00 und 15:00 Uhr. Im Winter Flugtraining an Sonntagen bei sonnigem Wetter.

 

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