Finnland:
In Lappland gibt es
viele Gelegenheiten, das verborgene
Herz der Samen
zu entdecken.
Noni, Noni, Noni, höre ich es energisch hinter mir rufen. Während ich mollig eingepackt inmitten von Rentierfellen auf meinem Husky-Hundeschlitten sitze, hat Pawel, mein Musher, stehend hinter mir auf den Kufen unseres Schlittens damit zu tun, dass seine sechs Huskys sich nicht gegenseitig anbellen und nur langsam vor sich hinlaufen.
Und dann hört auf einen Schlag das Kläffen und Jaulen auf und Piki, Blondi, Billi, Prinzess, Bob und Fosia stoben wieder los, so dass sich ihr weiches, dichtes Fell an ihre Körper legt. Mir fegt der eisige Wind ins Gesicht und je schneller sie jetzt laufen, desto eisiger brennt es in meinem Gesicht.
Wie sich dann der fuchsähnliche Kopf des Leithundes Piki an einem Hügel nach hinten umdreht, da ist das ein Zeichen für meinen Musher, von den Kufen zu steigen, um die Hunde zu entlasten und den Schlitten mit zu schieben. Oben angekommen wollen sie dann wieder laufen, schnell laufen, dahin jagen.
Da flößen sie mir schon ganz schön Respekt ein, während wir von der Dämmerung in die Vollmond-Polarnacht hinein fahren. Und wie ich mich dann langsam an sie gewöhnt habe, da fallen mir die Musher-Legenden des frühen letzten Jahrhunderts im fernen Alaska ein und ich genieße den Moment.
Gute neun Jahre arbeitet mein Musher Pawel, gebürtiger Bulgare, bereits hier in der Einöde von Ivalo auf der Farm von Outi und Juha Pekka mit ihren 150 quirligen Huskys, die er alle trainiert und jeden einzelnen mit seinem Namen kennt.
Dabei bin ich erst gestern von Düsseldorf mit dem Flieger nach Helsinki gekommen und hatte viel Zeit, mir die wunderschöne verschneite Stadt anzuschauen, bevor ich am späten Abend meine kleine Reisegruppe im Hotel traf. Und gemeinsam sind wir dann heute Morgen in einem zweistündigen Flug hier hinauf nach Ivalo geflogen. Vorher musste jedoch unser Flieger erst einmal enteist werden.
Jeder aus unserer kleinen Gruppe hat nach seiner eigenen wunderschönen Schlittenfahrt seinen Lieblingshund gefunden und streichelt ihn vor unserer Abfahrt. Während uns Outi nachwinkt, machen wir uns zu einer einstündigen Fahrt auf nach Inari. Bekannt ist dieser kleine Ort 250 Kilometer oberhalb des Polarkreises inmitten einer menschenleeren Wildnis durch das samisch-finnische Parlament, das hier Europas einziges Urvolk in Finnland vertritt. Da haben 21 gewählte samische Volksvertreter seit April 2012 hier ein würdiges, dauerhaftes Zuhause gefunden. Vertreten sie doch ihre finnische Minderheit, die es auch vom nördlichen Norwegen und Schweden bis hin zu einem kleinen Teil des benachbarten Russland gibt.
Internationale Schlagzeilen hat Inari mit seinem jährlich im Winter stattfindenden Skábmagovat-Film-Festival, einem indigenen Völker-Film- und TV-Produktions-Festival, gemacht, zu dem Aborigines als Vertreter für Australien, dem diesjährigen Gastland, anwesend sein werden. Da wäre ich gerne dabei, wenn sich hitzegewohnte australische Ureinwohner bei hohen Minustemperaturen im offenen Schneekino einen Film auf einer Leinwand aus Schnee anschauen.
Gut eingepackt mit einem zusätzlichen, vor Ort geliehenen Overall, komme ich mir wie ein Marsmensch vor. Wie es dann nach einer kurzen Einweisung mit einem Motorschlitten über den zugefrorenen Inarisee zu einer heiligen Insel der Samen geht, auf der sie seinerzeit Opfergaben gebracht haben, da bin ich über diese Extra-Verpackung recht froh.
Froh bin ich auch, dass wir unseren Overall, die warmen Stiefel und die dicken Überhandschuhe aus Fell für den weiteren Verlauf unserer Reise, die uns nach Nuorgam in den äußersten Norden Lapplands führt, behalten dürfen.
Dabei ist das kleine Dörfchen die nördlichste Gemeinde Europas, die am Teno-Fluss liegt und dessen Wasser die Schengengrenze zu Norwegen bildet. Schmunzelnd über die sonst sehr gut bewachte Außengrenze Europas sagt man uns im gut sortierten Supermarkt, dass die Norweger täglich zu Fuß über den zugefrorenen Fluss kommen, da hier alles wesentlich billiger sei als drüben in Norwegen.
Wie wir dann am Nachmittag wieder gut eingepackt einen Schlittentransfer zu den Fjälls unternehmen, der uns zu einem Picknick-Platz auf der welligen und hügeligen Hochfläche führt, da fahre ich in weiser Voraussicht auf dem Sozius-Sitz des Motorschlittens mit. Mein Rücken würde hinten auf dem großen, ungefederten Schlitten bei jeder Unebenheit mächtig leiden.
Auf der Hochebene angekommen, werden wir inmitten von kleinstämmigem Gehölz in einem halb geöffneten Lavvu am knisternden Lagerfeuer empfangen. Während uns die hölzerne Halbschale Schutz vor dem rauen Wind bietet, grillen wir an langen Ästen aufgespießte Rentierwürste, die köstlich schmecken. Der heiße Kaffee aus der schwarz verrußten Kanne über dem Feuer wärmt dabei den Körper.
Vergeblich warten wir in dieser sternenklaren Winternacht auf Polarlichter. Dabei erfahren wir, dass die Samen früher daran glaubten, dass Füchse über Berge liefen und mit ihren Schwänzen derart gewedelt haben, dass sie Funken schlugen.
Auf der Rückfahrt dann die Überraschung. Inmitten einer baumlosen, hügeligen Hochebene bleibt mein Fahrer Aslat-Jon unvermittelt stehen. Steigt ab und holt aus dem hinteren Teil seines Schlittens einen gut verpackten Eisbohrer. Den setzt er am Boden an, dreht ihn mit mächtigem Schwung und, nachdem er gut 30 Zentimeter tief eingedreht ist, stößt er auf Wasser. Wir schauen uns alle ungläubig an. Keiner von uns hätte damit gerechnet, dass wir auf der Eisplatte eines Bergsees stehen.
Fluchs holt Aslat-Jon eine kleine Angel aus seinem Rucksack, bestückt den Angelhaken, lässt ihn mit einem Blinker durch das kleine Eisloch gleiten und gibt die kleine Angelroute mit der Angelrolle dann an unsere Jeannette ab.
Während Jeannette jetzt mit Eifer bei der Sache ist, erzählt unser junger Führer von den mächtigen Lachsen, die sie aus dem Teno-Grenzfluss holen. 29 Kilogramm soll der mächtigste Lachs gewogen haben, der nachweislich dort gefangen wurde. Bereits vor 300 Jahren, so erfahren wir, kamen die ersten Engländer mit Booten den Fluss hinauf zum Fischen. Damals bezahlten sie mit Waffen, Alkohol, Tabak und Schmuck, damit sie hier – 30 Kilometer vom Eismeer entfernt - fischen konnten.
Bei Jeannette zuckt es an der Angel. Aber sie schafft es nicht, den Fisch aus dem Wasser zu bekommen. Und so fahren wir dann ohne Anglerglück in dieser Vollmond-Nacht hinunter in unser wärmendes Quartier.
Flussaufwärts geht’s am nächste Tag eine Stunde lang ins Feriendorf Valle in Utsjoki. Dort wartet man bereits auf uns mit Rentiergespannen, die uns auf einer Safari zum Mittagessen in ein traditionelles Lavvu bringen werden.
Vorher jedoch geht es mit Henry, seinem jüngeren Bruder Johann Erik und Vater Peteri zur Fütterung ins Rentiergehege, wo wir viel über die Aufzucht von Rentieren und das Leben der Samen erfahren.
Später, nach gemütlicher Rentier-Schlittenfahrt bei knisterndem Feuer in einem Lavvu singt Vater Peteri uns dann seinen Polarlichtjoik vor. Dabei hat jeder Same seinen eigenen Joik, den er schon von seinen Eltern in die Wiege gelegt bekommen hat. Ursprünglich diente er dazu, in einsamen Nächten draußen in der Wildnis wilde Tiere von der Herde fern zu halten.
Die Anzahl seiner Rentiere ist für Peteri genauso ein Geheimnis wie für jeden anderen Rentierbesitzer, da man bei uns auch niemanden nach seinem Kontostand fragen würde. Bei lappländischer Spezialität, köstlichem Rentiergeschnetzeltem mit Kartoffelpüree und Preiselbeeren, gibt er dann doch augenzwinkernd zu, dass seine Herde „auf einen Hügel passt“. Und auf die Frage, wie viele Tiere auf so einen Hügel passen, meint er dann: „gut 1000 Tiere“.
Gerd Krauskopf
Infos zu finnisch Lappland:
Reiseveranstalter:
Zum Beispiel fintouring GmbH,
Zur Alten Burg 7
30938 Burgwedel,
E-Mail:
Tel.: 05135-929030
Fax: 05135-929055
fintouring hat sich ausschließlich auf Reisen nach Finnland und Lappland spezialisiert. Besonderheiten: Nordlicht Winterreisen mit ausgefallenen Aktivitäten wie Schneemobil-, Husky- und Rentiersafari sowie einer Übernachtung im Eishotel oder Glasiglu. Im Sommer bietet fintouring ausgewählte Ferienhäuser, direkt am Wasser, mit eigenem Boot und Sauna, an. Auch kann man das Land der Tausend Seen auf einer PKW Rundreise oder einer Radtour erkunden. Die Anreisemöglichkeiten sind beim Spezialisten variabel buchbar
Flüge:
Z.B. mit Finnair.
Finnair, die größte finnische und sechsälteste noch operierende Fluggesellschaft der Welt, fliegt von allen großen deutschen Flughäfen nach Finnland.
Ich bin von Düsseldorf nach Helsinki und weiter nach Ivalo geflogen. Auf dem Flug von Düsseldorf nach Helsinki wurde ein kleiner Bordsnack mit alkoholfreien Getränken kostenlos gereicht.
Gut gewohnt habe ich in:
Helsinki im Holiday Inn Helsinki-Vantaa Airport, Frälsevägen 2, 01510 Vantaa, Finnland,
Telefon: 00358 9 870900,
http://www.holidayinn.com/hotels/de/de/helsinki/helfi/hoteldetail
Vom Flughafen fahren alle 20 Minuten kostenlose Shuttlebusse zu den Hotels wie zum o.g. Holiday Inn Vantaa Airport.
Inari im HotelKultahovi, Saarikoskentie 2, 99870 Inari,
Telefon: 00358 (0) 16-511 7100
Nuorgam im Nuorgam Holiday Village, Nuorgamin Lomakeskus, Nuorgamintie 4401 A, 99990 Nuorgam, Finnland
Telefon: 00358 400 294 669
Utsjoki im Feriendorf Valle, Ellintie 25, 99980 Utsjoki,
Telefon: 00358 400 948 210
Aktivitäten in Lappland:
Ivalo:
Hundeschlittensafari gute 10 km beim Guesthouse Husky, Hirviniementie 65, P.O. Box 193, 99801 Ivalo, Finnland,
Telefon: 00358 (0)16 66 33 77
Inari
Motorschlittensafari ca. 2 Stunden bei
Lake & Snow Inari
Inarintie 26
FI-99870 Inari
Tel. +358 (0)16 671 108
Fax. +358 (0)16 671 480
Nuorgam
Schlittentransfer zu den Fjälls mit Picknick und Eisangeln buchbar beim Nuorgam Holiday Village
Utsjoki im Feriendorf Valle, Ellintie 25, 99980 Utsjoki,
Telefon: 00358 400 948 210
Utsjoki
Rentierschlittensafari mit leichtem Mittagessen in einem urigen Lavvu buchbar im Feriendorf Valle
Ellintie 25, 99980 Utsjoki,
Telefon: 00358 400 948 210
Samen in Finnland:
Herkunft:
Sie sind das einzige Kulturvolk in Europa und gelten als das Volk, das bei der Eroberung bzw. Kolonisierung ihres Landes bereits dort lebte.
Sprache:
Sie gehört zu den europäischen Ursprachen, die in Finnland, Schweden, Norwegen und in Russland gesprochen werden. In Finnland unterscheidet man 3 Sprachen: Nordsamisch, Inari-Samisch und Skolt-Samisch.
Erwerb:
Die Samen leben heute neben der Rentierzucht, dem Fischen, Jagen und der Landwirtschaft oft vom Tourismus. Dabei hat die Handarbeit auch einen großen Stellenwert.
Musik:
Der Joik spielt eine große Rolle im Leben eines jeden Samen. Das ist eine Liedform mit besonderer Stimmbildung und Improvisation, wobei der Text keine so bedeutende Rolle spielt. Übernommen wurde er auch in alle Stilrichtungen ihrer heutigen modernen Musik.
Politik:
Seit dem Jahre 1991 wurde in Lappland die samische Sprache offiziell anerkannt und als Amtssprache eingeführt. Seit April 2012 haben die Samen in Inari ein eigenes Kultur- und Politikzentrum, in dem 21 gewählte Volksvertreter das samische Parlament bilden.
Samen-Museum in Inari:
Siida, Inarintie 46, 99870 Inari
Telefon: 00358 (0) 400 898 212,