Winterhochgenuss
in
Finnisch Lappland
Urgemütlich sitze ich in einer Schnee-Sauna, mache alle halbe Minute einen Aufguss, was mir jedes Mal den Blick verschlägt, so dass ich in diesem Wasserdampf nur diese niedliche Sprache der beiden Finnen höre, jedoch kein Wort verstehen kann.
Dabei bin ich vor gut einer Stunde mit einer kleinen Reisegruppe hier im Arctic Schneehotel in Sinettä bei Rovaniemi am Polarkreis angekommen, um eine Nacht in dieser außergewöhnlichen Herberge mit seinen 29 Eiszimmern und Eissuiten zu übernachten.
Wie uns Ville, der Geschäftsführer dieser gigantischen Eiswelt dann bei unserer Ankunft über sein verschneites Grundstück geführt hat und wir an den Schneesaunen vorbei kamen, da habe ich sofort gewusst, dass ich dort hinein möchte.
„Hundert Mal“, so erzählte Ville stolz mit strahlenden Augen, „können meine Schneesaunen benutzt werden, bevor die eineinhalb Meter dicken Eiswände geschmolzen sind, und wir eine neue bauen müssen.“ Voraussetzung ist jedoch, dass man bei der Benutzung hinter sich die Holztüre schließt, damit sich der Eisraum mit seinem Ofen auf 50 bis 70 erhitzen kann. Nach 10 Minuten ist das Schwitzvergnügen zu Ende, und man muss die Holztüre wieder weit öffnen, damit sich der Eispanzer wieder verfestigen kann.
Jeden November bauen Ville und seine Frau Heidi mit 20 Mitarbeitern das Eisresort gut vier Wochen lang wieder auf. Dabei wird der Schnee mit Wasser aus dem Lehtojärvi-See am Grundstück künstlich hergestellt. Versehen wird das Ganze dann neben den Schlafräumen mit einer Eiskapelle, in der jeden Monat fünf bis sechs Hochzeiten mit gut 120 Personen stattfinden und zwei Eisrestaurants mit einer mächtigen Kuppelbar für 150 Personen. Und alle Räumlichkeiten werden von Kunststudenten der Universität Lappland hier in Rovaniemi und professionellen Eiskünstlern für eine Saison von Januar bis April verschönert. In jedem Juli ist dann die ganze Pracht wieder verschwunden.
In Verzückung geraten wir am frühen Abend dann über das selten auftretende Nordlicht, das „Aurora Borealis“, wie man das Lichtspektakel am Himmel in 90 bis 150 Kilometern Höhe in der Zeit der Polarnächte nennt. Da tanzt für wenige Minuten eine grün leuchtende Licht-Show am sternenklaren Himmel, und alle lassen ihr Abendessen schlagartig stehen und stürzen mit Kameras und Stativen bewaffnet in die Kälte. Nach vielen Mythen und Legenden weiß man heute, dass die Aurora beim Eintreffen elektrisch geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre in den Polargebieten der Erde hervorgerufen wird.
Nach so einem einmaligen Übernachtungserlebnis und dem spektakulären Nordlicht schauen wir auf der Fahrt nach Luosto bei Jukka vorbei, der uns den Bau von Schneehöhlen zeigt. Dabei dürfen wir selbst einmal zur Säge greifen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie schwierig es ist, die gepressten Schneeblöcke in handliche Teile zu zersägen.
Dann geht’s Richtung Luosto. Auf dieser Fahrt wird klar, dass bei solchen Minustemperaturen von über 30 Grad andere Gesetze für Autos gelten als herkömmlich bekannt. So erzählt unser Fahrer, dass bei abgestellten Fahrzeugen der Motor rund um die Uhr laufen muss. Aus diesem Grund gibt es überall Stromanschlüsse, an denen man geparkte Autos für deren Motorbeheizung anschließen kann.
Nach gut eineinhalbstündiger Fahrt bekommen wir in Luosto, der Gemeinde Sondankylä in Zentrallappland, für die nächsten Tage im „Snow Games safari house“ eine professionelle Winterkleidung ausgehändigt. Und jetzt können unsere Winteraktivitäten los gehen auf einer 35 Kilometer langen Gipfelkette, deren höchste Erhebung 514 Meter aus dem üblichen finnischen Flachland heraus schaut.
Wie das Thermometer an einem dieser Morgen dann auf minus 37 Grad gefallen ist, fahren wir nach ausgiebigem Frühstück in der Dämmerung hinauf in den "Pyhä-Luosto" Nationalpark. Bei Sonnenaufgang geraten dann alle aus unserer kleinen Gruppe in Verzückung und die Fotoapparate halten die tief verschneiten Bäume fest, die vom aufgehenden Sonnenball rot gefärbt sind.
Danach stapfen wir gut gelaunt mit Schneeschuhen in unserer geliehenen, mollig warmen Kleidung los. Dabei wohl berücksichtigt, dass man sich in dieser arktischen Kälte das Gesicht am Morgen nicht waschen sollte, da es der beste Schutz gegen die eisige Kälte sei.
Und los geht es in den tief verschneiten Winterwald. Ein Traum, den jeder für sich genießt. Mal ist die Landschaft offen und der Blick geht weit hinaus auf unendlich friedlich liegende Wälder, die meterdick zugefrorene Seen beschützen, dann geht es wieder in den Zauberwald hinein. Irgendwann überquere ich zwei Skipisten, die selbst an einem Samstagmittag fast menschenleer sind, obwohl die Skilifte laufen. „Hier macht Abfahrtslauf noch richtigen Spaß“, schwärmt Roland hinter mir. Und wie dann drei Skiläufer auf einmal hoch oben am Berg auftauchen, da höre ich ihn scherzen: „Da oben ist ja richtig der Teufel los, da macht’s auch schon keinen Spaß mehr.“ Dann ist es wieder still, unendliche Stille. Die Gruppe hat sich unmerklich auseinander gezogen. Nur das Eintauchen der eigenen Schneeschuhe ist zu hören. Ein gedankenfreies Glücksgefühl stellt sich ein.
Am Nachmittag sind wir zu einem besonderen Saunaerlebnis bei unserem Hotelier Juha-Pekka Tuominen eingeladen. Wie wir da mitten im tiefen Wald bei ihm ankommen, liegt seine kleine Saunahütte romantisch an einem See. Und dort hat er für uns schon das Eis aufgehackt, in dem wir nach jedem Saunagang eintauchen werden. Zuvor hat aber Tarja in einer Kota, einer finnischen Grillhütte, Hefeteig zu langen Würsten gerollt, den ihr Mann Timo geschickt um das Ende eines langen Stockes wickelt. Und den halten wir jetzt neben das Grillfeuer, damit der Hefeteig nicht verbrennt. Danach ziehen wir das fertige Hefegebäck ab und genießen es mit fruchtiger Erdbeermarmelade.
Zu unserer Husky-Safari fahren wir ganz stilgerecht mit Motorschlitten. Ich sitze bei Ulli hinten drauf und da das Thermometer an diesem Morgen, an dem die Sonne gerade auf geht, wieder 34 Minusgrade anzeigt, ziehe ich mir meine Sturmhaube unter dem Motorradhelm weit über die Nase. Das hat zur Folge, dass der Atem meine Brille beschlägt und kurz darauf mein Visier voll Eiskristalle ist, so dass ich nichts mehr von dieser traumhaften Winterlandschaft sehen kann. Und wie wir dann an unserem Husky- und Rentierpark nach einer halbstündigen Fahrt ankommen, da hat Axel mit seiner Maschine ein Problem. Er will hinter uns parken, bekommt einen Sekundenaussetzer und drückt reflexartig mit seinem rechten Daumen an den Gashebel, so dass seine Maschine nach vorne schießt. Sie knallt auf unser bereits ausgestelltes Schneemobil und schiebt uns einen satten Meter nach vorne. Gott sei dank ist bis auf einen kleinen Kratzer am Bein von Jürgen nichts Schlimmeres passiert.
Bevor es dann zu einer gemütlichen Rentier-Schlittenfahrt geht, wärmen wir uns zuerst einmal in der Kota von Anssi am knisternden Lagerfeuer auf. Dabei erzählt uns der Sámi, dass hier in Lappland 180 000 Menschen leben bei 200 000 Rentieren. Die Anzahl seiner Rentiere ist genau wie für jeden anderen Rentierbesitzer ein großes Geheimnis, da man bei uns auch niemanden nach seinem Kontostand fragen würde. Bei lappländischer Spezialität, köstlichem Rentiergeschnetzeltem mit Kartoffelpüree und Preiselbeeren gibt er dann doch augenzwinkernd seine Rentierherde mit ein paar Hundert Tieren preis. Von seinen Huskys, die zu seiner Familie gehören, erzählt er, dass man die Hunde weit genug voneinander entfernt halten muss, damit sie sich nicht gegenseitig beißen können, wenn es Streit um die Weibchen gibt.
Und dann ist es soweit. Die sechs Huskys, die paarweise an einer langen Leine angespannt sind, springen jaulend und kläffend in ihrem Geschirr hin und her. Während Ulli sich in den Schlitten setzt, steige ich hinten auf die Kufen und übernehme die Bremse von Anssis Vater Ari. Wie dann das Zeichen zum Start kommt, lasse ich die Bremse los, die sich in den Schnee gekrallt hat, und mit einem Schlag ziehen die Hunde das Geschirr straff und wir preschen explosionsartig nach vorne. Während ich mich mit den
Gewichtsverlagerungen auf den Kufen in den Kurven bei hoher Geschwindigkeit zurecht finden muss, hängt ein Nebel aus gefrorenem Atem hinter den dahinstobenden Hunden in der Luft. So fliegen Ulli und ich mit den Hunden durch den tief verschneiten Winterwald, während die Glückshormone Purzelbäume in meinem Körper schlagen.
Gänzlich anders dagegen das Winterfischen. Da sind wir mit Jyrki und Tapani auf einem See unterwegs, die uns das Fischen lehren wollen. Und so zeigt uns Jyrki, wie man den langen
Stahl-Eisbohrer vorsichtig und gerade aufs Eis setzt und ihn mit bedacht so lange dreht, bis man durch den dicken Eispanzer gestoßen ist. Ein paar mal rauf und runter ziehen, und schon hat sich ein Wasserschwall auf dem Eis festgesetzt und gefriert sofort. „Forellen, Eschen, Hechte, Rotaugen und Barsche kannst Du hier fangen,“ schwärmt Tapani und holt seine Miniangeln aus seiner Tasche. Mit einem künstlichen Köder versehen versucht nun jeder aus unserer Gruppe aus seinem Eisloch einen kapitalen Fisch heraus zu ziehen. Wir haben jedoch kein Anglerglück, was Jyrki darauf schließt, dass es vielleicht schon zu spät am Tage sei, denn die meisten Fische würden bei Sonnenauf- oder untergang anbeißen. Und so bekommen wir in einer angrenzenden Kota statt eines gegrillten Fisches einen heißen Tee zum Trost auf dem Feuer zubereitet.
Bevor es dann am letzten Urlaubstag wieder mit dem Flieger von Rovaniemi nach Helsinki und weiter nach Düsseldorf geht, haben wir noch bis zum frühen Nachmittag Zeit und schauen noch bei Irene und Ari rein, die mitten im tiefen Wald in der Nähe von Rovaniemi einen kleinen Familien-Handwerksbetrieb betreiben. Und hier zeigt mir Ari, wie er aus einem Stück Birkenholz
eine hübsche Tasse fertigt, die jeder Sámi an seinem Gürtel hängen hat für einen schnellen Kaffee oder auch mal einen Schnaps unterwegs.
Mit heißen Getränken und leckeren, selbstgepflückten Moltebeeren und anderen köstlichen Marmeladen aus dem Küchenschrank von Irene werden wir herzlich verabschiedet. Während
man uns nachwinkt, ertönt es lautstark in dieser lustigen Sprache hinter uns her: Tule takaisin, olette lämpimästi tervetulleita - kommt wieder, ihr seid sehr herzlich eingeladen.
Gerd Krauskopf
Infos zu finnisch Lappland:
Reiseveranstalter:
Zum Beispiel fintouring GmbH,
Zur Alten Burg 7
30938 Burgwedel,
www.fintouring.de
E-Mail:
Tel.: 05135-929030
Fax: 05135-929055
fintouring hat sich ausschließlich auf Reisen nach Finnland und Lappland spezialisiert. Besonderheiten: Nordlicht Winterreisen mit exotischen Aktivitäten wie Schneemobil-, Husky- und Rentiersafari sowie einer Übernachtung im Eishotel oder Glasiglu. Im Sommer bietet fintouring ausgewählte Ferienhäuser, direkt am Wasser, mit eigenem Boot und Sauna, an. Auch kann man das Land der Tausend Seen auf einer PKW Rundreise oder einer Radtour erkunden. Die Anreisemöglichkeiten sind beim Spezialisten variabel buchbar.
Gut gewohnt haben wir
In Sinettä
im Arctic Snow Hotel:
Lehtoahontie 27,
97220 Sinettä
E-Mail:
in Luosto:
im Hotel Luostotunturi:
99555 Luosto
Tel: +358-16-620 400
www.luostotunturi.com/de/index.php
Schneehöhlen selber bauen und darin schlafen:
Jukka Teppo
Tammalentie 48 B
97220 Sinettä
Tel: 00358 (0)440 377171
Aktivitäten im
"Pyhä-Luosto" Nationalpark:
- Abfahrtslauf
- Schneeschuhwandern
- Skilanglauf
Motorschlitten und professionelle Winterkleidung leihen:
Snow Games safari house in Luosto
Snow GamesLtd
Luppokeino 2
99555 LUOSTO
Finland
puh: +358 (0)16 327 2777
fax: +358 (0)16 327 2780
e-mail:
www.snowgames.fi
Huskysafari und Rentierschlitten-Touren:
Husky- and Reendeer Park
Information: www.kopara.fi und
www.huskysafaris.fi
Winterfischen:
Nature Safaris
Orresokantie 1
99555 Luosto
Tel: 00358 (0) 16 624 336
www.luontosafari.fi
Homwork:
Homwork - Decorative & Arctic Handicrafts A. Kangasniemi
Tel: 00358 40 7180232
www.homwork.fi