Gesund und aktiv im Pieniny-Gebirge
Ein Springbrunnen, umgeben von restaurierten alten Häusern, sorgt auf einem hübschen Platz für Abkühlung. Wanderer mit Rucksäcken und Familien mit Kindern machen hier halt. Einige von ihnen kosten das Heilwasser in der Trinkhalle, andere stärken sich auf der Terrasse des Café Helenka. Der Kurort Szczawnica im Süden Polens strahlt Ruhe und Beschaulichkeit aus.
Es ist wie im Märchen: In Szczawnica, malerisch am Fuße der Pieninen inmitten von Bergen und Wäldern gelegen, war der Kurbetrieb zum Erliegen gekommen, die Gebäude verfielen. Der Kurort, der seine Blütezeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte, war nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlicht und 1999 in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt worden. 2005 erhielten die Nachfahren des ehemaligen Eigentümers, des Grafen Adam Stadnicki, die Besitzgüter zurück. Die Familie Mankowski, die zuletzt in Paris lebte, ergriff die Initiative und restaurierte einen großen Teil des Kurviertels mit rund zwei Dutzend Gebäuden.
“Wir haben in Szczawnica Gelände aufgekauft. Viele Gebäude waren entweder zerstört, abgerissen oder wieder aufgebaut”, sagt Christophe Mankowski, der zusammen mit seinen Geschwistern Helena und Nicolas das Unternehmen Thermaleo leitet. Thermaleo ist auch Hauptaktionär der Kurgesellschaft Uzdrowisko Szczawnica. Mankowski betont: “Es war uns wichtig, ein Ziel für Familien zu schaffen sowie ihnen Geschichte und Kultur nahezubringen. So ist in den vergangenen Jahren eine 'Stadt in der Stadt' entstanden.”
Seitdem erstrahlt Szczawnica in altem Glanz. Komplett erneuert wurde die alte Trinkhalle mit dem angeschlossenen Café Helenka im Zentrum des Kurviertels. Hier knüpfte man äußerlich an die traditionellen Formen des späten 19. Jahrhunderts an und verband diese mit einer zeitgemäßen Ausstattung. 2009 eröffneten die drei Geschwister das Hotel Modrzewie Park, das erste Fünf-Sterne-Hotel in der Region. Es befindet sich in einer Villa, die 1938 im Stil des Art Déco erbaut worden war. Entstanden ist dort ein stilvolles Refugium mit 17 Zimmern und Suiten. Im Feinschmeckerrestaurant beglückt Küchenchef Łukasz Opyd Hotelgäste und externe Genießer mit feiner Regionalküche. Auch das im Jahre 1962 abgebrannte Kurtheater “Dworek Goscinny” wurde im alten Baustil als multifunktionales Kultur- und Veranstaltungszentrum wieder aufgebaut. Die Kurparkanlagen wurden in Kooperation mit dem Bürgermeisteramt erneuert. Damit nicht genug – der große Investor hat noch viele Zukunftsprojekte. Schritt für Schritt plant Christophe Mankowski die Modernisierung weiterer Hotels und Kureinrichtungen. So soll die Haupttherme in ein Gesundheitszentrum und das Sanatorium Hutnik in ein Vier-Sterne-Hotel umgewandelt werden.
Heute verbindet das Städtchen den Charme der vergangenen Zeit mit der Moderne und zeitgenössischem Komfort. Besucher und Kurgäste kosten in der sanierten Trinkhalle das aus den Quellen Józefina, Stefan, Magdalena, Jan, Helena und Józef gewonnene Heilwasser. Die Trinkkuren werden bei Krankheiten der oberen und der unteren Atemwege, bei einer chronischen Nasen- oder Halsentzündung, bei Allergien und bei Asthmaerkrankungen empfohlen. Sie helfen bei Krankheiten des Verdauungstrakts, bei Harnwegserkrankungen, bei Rheuma und sogar gegen Fettsucht. In Verbindung mit der frischen Bergluft und den ätherischen Ölen aus den Nadelbäumen, die hier üppig wachsen, bringen die Inhalationen, die im Zentrum für Naturheilkunde angeboten werden, gute Ergebnisse.
Fast genau so gesund sind Ausflüge in die Umgebung von Szczawnica. Bequem per Sessellift erreichbar ist der 722 Meter hohe Berg Palenica, von dessen Spitze sich ein herrlicher Panoramablick eröffnet. Hier befindet sich eines der größten Wintersportzentren des Ortes.
Die größte Besucherattraktion der Region ist die Flussabfahrt durch den Gebirgsdurchbruch des Dunajec auf Holzflößen, die von jeweils zwei Góralen in ihren schönen Trachten über die Stromschnellen gelenkt werden. Das Bergvolk der Góralen hat sich seine eigene Sprache, Musik und Volkskunst erhalten. “Links ist Polen, rechts die Slowakei”, erklärt Flößer Jan Kalisz. Die 18 Kilometer lange Fahrt auf dem Fluss, der durch Kalksteinschluchten fließt, beginnt in Sromowce Wyzne und endet nach zwei Stunden in Szczawnica.
Zunächst bewegt sich das Floß täuschend ruhig, doch wenn es die Schlucht hinter den Klosterruinen erreicht, wird das Wasser rauer, da der Fluss sich hier dreht und windet. Der Blick von den Holzflößen reicht die bis zu 300 Meter hoch aufragenden Felswände hinauf. Die berühmtesten Gipfel des Pieniny-Gebirges sind die Drei Kronen (Trzy Korony). Im Volksmund werden sie die große Katharina, die dicke Barbara und die zerzauste Maria genannt.
Zu den Drei Kronen führt am nächsten Morgen die Wanderung durch den Nationalpark, der – 1932 gegründet – zu den ältesten in Polen gehört. Im vor allem dicht mit Buchen und Tannen bewachsenen Wald geht es ständig bergauf, unterbrochen von mehreren Verschnaufpausen. Doch alle Mühen haben sich gelohnt: Vom Gipfel bietet sich eine herrliche Aussicht auf die Wälder und das Dunajec-Tal, auf der sogar einige Holzflöße zu erkennen sind.
Eine besondere Art von Wellness bietet der Inder Ashok Kumar Singh in seinem Hotel Kinga in Czorstyn an: Ayurveda. Seine Philosophie erklärt der Hotelbesitzer damit, dass er eine Verbindung der verschiedenen Kulturen – orientalischer Gastfreundschaft mit europäischer Effizienz – anstrebt. “Mehr Menschen kommen, um Wellness zu machen”, sagt Singh. “Deshalb müssen wir Spezialitäten anbieten. Wir tun dies mit Ayurveda in originärer Form wie in Indien.” Der Aufenthalt bewege sich zwischen einer Woche und einem Monat, wobei mindestens zehn Tage empfohlen würden. Das Vier-Sterne-Hotel erfreue sich großer Nachfrage, betont der Inder, der mit einer Polin aus der Region verheiratet ist. Warme Farben sorgten für eine warme Atmosphäre.
Die Therapeuten und der Koch stammen aus Indien. Eine Frau aus München, die gerade eine Ayurveda-Kur begonnen hat, äußert sich sehr zufrieden über die Behandlung im Haus. Auf die Frage, warum sie deswegen nach Polen gekommen sei, antwortet sie: “Weil hier die Kosten um die Hälfte niedriger sind als in Deutschland.”
Bei Ayurveda wird der Körper durch das Panchakarma-Verfahren entschlackt und entgiftet. Während des Verfahrens können Emotionen wie Traurigkeit, Ärger, Euphorie und Freude ausgelöst werden. Eine spezielle Diät hilft, den Reinigungsprozess zu unterstützen und den Stoffwechsel zu verbessern.
Unweit des ayurvedischen Hotels liegt die im 14. Jahrhundert begonnene und im 17. Jahrhundert erweiterte Burg Niedzica auf einem Felsvorsprung über dem Dunajec-Fluss, der hier zu einem Stausee erweitert wurde. Früher verlief hier die Grenze zwischen Polen und Ungarn, und Niedzica gehörte zu Ungarn; auf der anderen Seite des Flusses befand sich die polnische Grenzfeste Czorsztyn, die heute nur noch eine Ruine ist.
Ebenfalls sehenswert ist die Erzengel-Michael-Pfarrkirche in Dębno Podhalańskie. Das Unesco-Weltkulturerbe wurde um 1490 aus Lärchenholz gebaut. Die Innenwände schmücken Malereien im Stil der Spätgotik und Renaissance aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Verwendet wurden dafür 33 Farben sowie insgesamt 77 verschiedene Muster. Zu den streifenartig angeordneten geometrischen und pflanzlichen Motiven gehören auch solche aus dem persischen und chinesischen Kulturraum. Sie haben nach 500 Jahren nichts von ihrer Pracht eingebüßt. Originell ist die Zimbel aus dem 15. Jahrhundert, die bei Messen statt der Glocken genutzt wird. Ihre dünnen Stäbe bringen tiefe Töne hervor, während die dicken hell klingen.
Wie man sieht, lassen sich auf einer Reise durch Südpolen Gesundheit und Wellness sowie Aktivitäten und Kultur sehr gut miteinander verbinden.
Norbert Krauss
Informationen:
Polnisches Fremdenverkehrsamt:
Hohenzollerndamm 151, 14199 Berlin, Tel. 030/21 00 92-0, Fax 030/21 00 92 14, E-Mail:
Anreise:
Mit dem Flugzeug:Air Berlin (www.airberlin.com) fliegt bis zu dreimal täglich von Berlin nach Krakau mit Umsteigeverbindungen zu zahlreichen anderen deutschen Flughäfen. Weiterfahrt von dort mit Mietwagen.
Mit der Bahn: Intercity aus Hamburg über Berlin nach Krakau, Fahrzeit acht bis zehn Stunden. Mit dem Auto: Auf der Autobahn über Pragund Brünn nach Krakau.
Unterkunft:
Hotel Nawigator in Szczawnica, www.szczawnicanawigator.pl. Modrzewie Park Hotel, www.mparkhotel.com
Kuren in Szczawnica:
Ayurveda-Kur:
Ayurveda-Hotel Kinga in Czorsztyn, www.kingahotel.com
Floßfahrt auf der Dunajec:
Tel. 0048/18/2629721, www.flisacy.com.pl