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Am Weissensee in Kärnten:

Buntes Treiben in Schnee und Eis inmitten von imposanten Gipfeln in unberührter Natur

 

Weissensee

In der Klima- und Energie-Modellregion im Süden Österreichs warten kleine, feine Skigebiete und ein alternativer Wintersport

 

Von Gerd Krauskopf

 

Christof wartet in Weißbriach bereits mit seiner mächtigen Pistenwalze auf unsere fünfköpfige Touristengruppe. Eigentlich sollen wir an diesem frühen Abend in seine Kabine einsteigen, die als Sonderanfertigung auf dem schweren Pistengerät für den Transport von zehn Personen Weißbachaufgeschultert worden ist. Wir hingegen bevorzugen es, in den Transportkorb zu steigen, der vorne für den Transport von Speisen und Getränken zur Berggeisthütte sicher angebracht worden ist. Und so geht’s mit großer Gaudi gut beleuchtet mit den Scheinwerfern der Pistenwalze durch den frisch gefallenen Pulverschnee die 250 Höhenmeter den steilen Berg hinauf zur Hütte. Dort wartet bereits Familie Waldner mit einem Gläschen Punsch, bevor es mit den Rodeln auf der beleuchteten Rodelbahn talabwärts geht.Weißbach

 

Während ein Teil der Gruppe am nächsten Morgen das Familienskigebiet mit sechs Pistenkilometern von leicht bis schwer erkundet, lässt sich der andere Teil der Gruppe mit der WeissenseeSesselbahn hinauf zur Bergstation Naggler Alm befördern. Sie lassen es im Winterurlaub lieber ruhiger angehen. Während der feine Schnee unter ihren Schuhen knirscht, genießen sie vom gespurten Weg aus den tief verschneiten Wald hinüber zur urigen Naggler Alm. Von den Baumwipfeln rieseln leise die zarten Flocken hinunter. Wandern ist eine der 15 Wintersportarten, die am Weissensee angeboten werden. Und dabei zählt Unterwasser-Eishockey, für das hier 2007 tatsächlich eine Weltmeisterschaft ausgetragen wurde, noch nicht mal dazu.Weissensee

 

Bei ihrem Spaziergang erfährt die Gruppe von Guide Christopher Puntigam, dass die Region Nassfeld-Pressegger See, Lesachtal und Weissensee dank ihres großen Engagements als „Nachhaltigste Region Österreichs“ ausgezeichnet worden ist. Wer nachhaltig etwas zum Guten verändern will, muss viele Hebel in Bewegung setzen. „Genau das machen wir“, erzählt Christopher mit strahlenden Augen. „Im Bereich Energie, Mobilität, regionale Kulinarik sowie mit Weissenseeehrlich hergestellten Produkten haben wir uns einen Namen gemacht“. Die Basis für ein solch wichtiges Vorhaben wurde jedoch schon im Jahr 1975 gelegt. Damals plante man eine Schnellstraße gleich am See. „Nach langen kontroversen Diskussionen“, freut sich heute noch der Guide, „wurde der Plan jedoch von der Gemeinde abgelehnt“. Und seit den 1980er Jahren verwendet kein Bauer mehr Pestizide für den Ackerbau.

 

Nach einer guten Hütteneinkehr und der Rückfahrt mit der Sesselbahn wartet am nahe gelegenen Weissensee der Naturpark Ranger Robert Pulvemacher. Von ihm erfahren wir, dass es ein besonderes Naturschauspiel ist, wie schnell der Weissensee in jedem Winter dank seiner WeissenseeLage auf 930 Metern inmitten der Gailtaler Alpen zufriert. Das verdankt er der kalten Luft, die sich von den umliegenden Bergen nach unten absetzt und den zwölf Kilometer langen See in eine Eisfläche verwandelt. Im Januar 2023 wurde der westliche Teil auf guten 6,5 Quadratkilometern für Winterfreuden freigegeben. 

 

Das hat Norbert Jank zu verantworten. Der 76 Jahre alte Eismeister besitzt so viel Erfahrung, dass sich alle auf der Eisschicht sicher fühlen können. Die Verantwortung an seinen Sohn Bernhard will er noch nicht abgeben. Immerhin trifft er mittlerweile mit ihm gemeinsame WeissenseeEntscheidungen, wobei das „Alphatier“ nach wie vor auf den frostigen Welten des Sees das letzte Wort hat. Zum Beispiel, wenn in der Nacht das Wetter Kapriolen schlägt, ist er als erster zur Stelle. Oder wenn er mit seinem leichten Quad mit mächtigen Schwimmflügeln an beiden Seiten das Eis kontrolliert, weil sich der Zustand des Eises verschlechtert hat, ist er vor WeissenseeÜberraschungen nicht sicher. „Einen halben Meter zu weit an den Rändern kann schon gefährlich werden“, sagt der Eis-Magier. Denn schon oft ist er eingebrochen und hat in puncto Notausstieg mittlerweile großes Geschick. 

 

Im Winter ist der Weissensee Europas größte präparierte Natureisfläche, auf der sich Sportler aus der ganzen Welt ein Stelldichein geben. Anfänger steigen dank zweier Eislaufschulen in Techendorf sanft in den Sport ein und für die Gruppe ist Eisstockschießen auf einer Natureisbahn ein ganz besonderes Erlebnis. In den Niederlanden freut man sich auf die Weissenseejährliche Alternative zur holländischen 11-Städte-Tour namens „Elfstedentocht“ am fernen Weissensee. Da die Jahre mit zugefrorenen Grachten immer seltener werden, kamen die Holländer durch den James Bond 007-Film „Der Hauch des Todes“ auf den Weissensee. Dort wurden einige Szenen auf dem Weissensee-Eis gedreht. Und so fegen alljährlich Ende Januar bei diesem Eissportspektakel gut 4000 angemeldete Eislaufprofis zwischen 50 bis 200 Kilometer weit mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern über die gut präparierte Eisfläche. 

WeissenseeAuch Nicht-Profisportler kommen dank der riesigen Eisfläche auf ihre Kosten. So ist der Weissensee ein Geheimtipp für Winterurlauber, die nicht auf den Brettern stehen wollen, sondern denen der Sinn eher nach Abwechslung und einem echten Naturerlebnis steht.

 

Von der Eisfläche des Sees aus geht’s mit dem Naturpark-Ranger Robert mit Schneeschuhen zur Wanderung hinauf in die tief verschneite Natur des Naturparks. Alle hören ihm gespannt zu, wie er vom Gesang des Eises auf dem See erzählt, wenn nachts die Geräusche des knackenden Eises verzaubern. „Es ist ein Naturschauspiel der besonderen Art und die WeissenseeBewegungen des Eises lassen den Weissensee singen“, schwärmt Robert. „Mich erinnern die mystischen Geräusche an Walgesänge“, wobei seine Augen strahlen. Nur wenn das Knacken des Eises in der Nacht mal nicht mehr zu hören ist, erfahren die erstaunten Gäste, dann kann es auf dem Eis gefährlich werden.

Weissensee 

 Abschied nehmen vom Eis des Weißensees fällt schwer. Auf der Heimfahrt ist ein Stop im köstlichsten Eck Kärntens unbedingt notwendig. Ein kleiner Umweg lohnt sich nach Kötschach-Mauthen. Dort ist die Geburtsstätte der weltweit ersten Slow Food Travel Destination. Beim Edelgreissler Herwig Ertl — der humorvoll von sich sagt, dass er ein kreativer und innovativer Dickkopf ist — sollte man unbedingt anhalten. In seinem Krämerladen bietet er regionale Kulinarien sowie immer ein köstliches Mitbringsel aus Speck, Käse und höchsten kulinarischen Kötschach-MauthenGenüssen in kleinen Gläsern verpackt an. Es ist eine Reise zu den Wurzeln des guten Geschmacks, zelebriert von einem Botschafter — der mit Lust über Tellerränder und Bergpässe blickt — in der stillen Grenzregion im Süden Österreichs. Da lassen wir uns an seinem langen Eichentisch auf höchstem Niveau verwöhnen. „Sich beim Essen Zeit nehmen, sich einfach Glücksmomente schenken“, gesteht er gestikulierend. Seit langer Zeit gestaltet Ertl Begegnungen zwischen den besten Produzenten des Alpen-Adria-Raumes und jenen Genießern, die seine Philosophie teilen.

 

Er bietet Spürnasen wie uns und unseren feinen Gaumen ein Erlebnis auf höchster Kreativität und Qualität. „Mit dem Kopf schwebe ich oft in den Wolken und mit den Füßen auf der Erde“, entfährt es aus seinem schelmischen Mund. Und wir lassen zum Beispiel mit der Colatura d´Alici, einer Würzsauce aus Sardellen, den Branzino auf der Zunge schmelzen. Ein besonderes Kötschach-MauthenErlebnis ist es, wenn sich Limoncello mit Fleur de Sel und Mangoessig im Gaumen vermählen. Wir sind davon begeistert, wenn ein wenig Tomami sich mit Pesto an Schwiegermutterzungen, knusprig dünnen Teigfladen, schmiegt oder wenn ein Tropfen Traubenessig am Gaumen zu tanzen beginnt. All das und viel mehr vermag der Botschafter des guten Geschmacks in seinem Element zu zelebrieren. „Ich tue Gutes und rede darüber“, gesteht er lachend. Und vergisst manchmal darüber das Verkaufen. Jedenfalls trägt er seine Botschaften über die Grenzen hinaus. Nach solchen kulinarischen Genüssen müssen wir einfach noch im örtlichen Bierhotel einen letzten Zwischenstopp für eine Nacht einlegen. 

 

WeissenseeIm Traum ziehen noch einmal am Weissensee die Häuser der knapp 800 Seelen von Techendorf am Busfenster vorbei und es fällt ein letzter Blick auf den mächtigen Mittagnock, über dem die Sonne die ersten Strahlen hinunter zum Weissensee lenkt und den Morgennebel langsam verdrängt. Versprochen, wir kommen im Sommer zum Wandern wieder an den Weissensee, der mit seinem türkisblauen Wasser auch die Karibik der Alpen genannt wird. 

 

Weitere Informationen:

 

Informationen zum Weissensee: Weissensee-Information, 9762 Weissensee, www.weissensee.com

 

Weitere Informationen zu Kärnten www.kaernten.at

 

Übernachten: zum Beispiel im Regitnig Hotel & Chalets, Techendorf 78, 9762 Weissensee, DZ ab 137 Euro, Tel. 0043/(0)47132225, www.regitnig.com

Anreise: Entspannt mit dem Zug über Salzburg und Spittal an der Drau bis Greifenburg. Abholung mit dem kostenfreien Shuttleservice vom Bahnhof Greifenburg-Weissensee hoch zum Hotel dank der Gästekarte. Mit dem Auto über München, die Tauernautobahn und vom Knoten Spittal nach Greifenburg und hoch zum Weissensee.

Slow Food, Edelgreissler Herwig Ertl, Hauptplatz 19, 9640 Kötschach-Mauthen, Tel. 0043/(0)4715246, www.herwig-Ertl.at

Bierhotel Loncium, AT-9640 Kötschach-Mauthen 60, DZ ab 79,00 Euro, Tel. 0043/(0)4715284, www.bierhotel-loncium.at