Wachau
Eine Reise durch ein Flusstal mit Himmelsstiegen
Ein mediterran anmutendes, strahlend flimmerndes Licht kürt phantastische Stimmung. Dabei kommt ein leichtes, beschwingtes Gefühl auf, man mag es wohl das Wachau-Feeling nennen.
Die glitzernden Wellen der Donau stechen ins Auge und werden ab und an durchbrochen von vorbeiziehenden Schiffen.
Es ist angenehm warm, als ich von meinem Hotel Pfeffel in Dürnstein mit meinem Leihrad am Ufer entlang radele, um in Krems – dem östlichen Ausgang der Wachau - ein Ausflugsboot zu besteigen, dass mich stromaufwärts gute 35 Kilometer weit nach Melk bringt.
Wie ich mich dann später bei einem opulenten zweiten Frühstück auf der MS Austria der Brandner Schifffahrt verwöhnen lasse, da sind sie schon von weitem gut sichtbar, die gigantischen Himmelsstiegen. Diese von Menschenhand geschaffenen Terrassen, die vor über tausend Jahren diese Landschaft zu etwas Einmaligem gemacht haben. Stein auf Stein haben die Baumeister gesetzt und so den Steilhängen kleine und kleinste Terrassen für den Weinanbau abgerungen. Noch heute stehen sie und werden nach dem gleichen Prinzip gebaut. Bruchsteine von unterschiedlichen Größen aus der Umgebung werden trocken - ohne Mörtel und Zement – aufeinander gelegt, wobei die erforderliche Wasserdurchlässigkeit gewährleistet ist. Da klingt es mir noch in den Ohren, wie mir vor ein paar Tagen der studierte Weinbaumeister Alexander Pfeffel bei einer Führung durch seinen steilen Weingarten sagte, dass es nur ganz wenige gibt, die diese Fertigkeit heute noch beherrschen.
Vor dieser gigantischen Kulisse steht jedoch das Franzosendenkmal, das an die mörderische Schlacht von 1805 erinnert, als hier die Truppen Napoleons von österreichisch-russischen Truppen geschlagen wurden.
Heute wachsen dort charaktervolle Weine wie die berühmten Rieden Kellerberg, Steinertal und Höhereck, die bei Weinkennern wie feinste Orchestermusik in den Ohren klingen. Und am Fuße dieses spektakulären Weinberges thront das barocke Kellerschlössel der Domäne Wachau, das nach Plänen Jakob Prandtauers in den Jahren 1714 bis 1719 erbaut wurde. Gut erinnere ich mich an diesen Besuch vor ein paar Tagen, bei dem man den hübschen Festsaal gerade für eine Hochzeitsgesellschaft feierlich eingedeckt hatte. Wie wird wohl die Hochzeitsnacht ausgefallen sein, wenn das Brautpaar - wie ich - tief in den mächtigen Weinkeller vorgedrungen ist?
Wie das Schiff dann in Dürnstein, der Perle der Wachau, unterhalb der Kirche Mariä Himmelfahrt anlegt, da lehne ich mich in meinen Sessel zurück und schaue mir lange den markanten blauen Turm an, der im Volksmund „Fingerzeig Gottes“ genannt wird. Dabei muss ich daran denken, wie oft ich schon dort oben durch die autofreie Gasse mit ihrem gut erhaltenen historischen Ortsbild geschlendert bin. Den Autoverkehr leitet man geschickter weise tief unterhalb durch einen Tunnel. Die Ruine oberhalb des Ortes ist bekannt geworden durch den englischen König Richard Löwenherz, der dort oben gefangen gehalten wurde. Der Sage nach soll er von seinem Sänger Blondel dort oben entdeckt worden sein. Wie sie nach Zahlung eines fürstlichen Lösegeldes außer Landes ziehen, davon zeugt heute das Watstein-Denkmal einige hundert Meter weiter zu Füßen einer gigantischen Felswand, die die Himmelsstiegen meiner Hotelfamilie Pfeffel begrenzt.
Dort, weit oben, bin ich mit der Naturvermittlerin und Kräuterpädagogin Heidemarie Reisinger hinauf gestiegen. Da hat sie mir viel von ihrer Natur erzählt und mir so manches „Grünzeug“ zum Probieren gereicht. Dabei ist sie eine von 18 „Wachau Hiata“ mit einer speziellen Ausbildung zur Vermittlung der besonderen Wachauer Natur. „Hiata,“ so erzählt sie mit ernster Miene, „waren bis in die 1950er Jahre Männer, die im Weinberg aufpassten, dass keine Trauben gestohlen wurden. Also,“ und da muss sie selber lachen, „eine so genannte Weingartenpolizei.“
Während schon von weitem die Rollfähre von Weißenkirchen hinüber nach St Lorenz sichtbar wird, da habe ich noch die Musikkapelle in den Ohren, die vor ein paar Tagen ohne großen Touristenauflauf den festlichen Fronleichnamszug in diesem malerischen Marktflecken angeführt hat. Da passten die an den Hauswänden angelehnten Birkenäste zu den Trachten, die die Einheimischen zu diesem Anlass angelegt hatten. Dabei konkurrierten die kostbaren Goldhauben der stolzen Damen geradezu mit den schwarzen Hüten der Männer, deren außergewöhnliche Steinfedern ein Blickfang waren.
Wie dann die Wehrkirche und Urpfarre St. Michael langsam vorbei zieht, die bereits Karl der Große um 800 errichten lies, da muss ich an die taffe Gertrud Huber denken, die gerade aus dem Weinberg kam und mir freundlicherweise die Karnerkapelle aufgeschlossen hat, in der sich neben uralten Schädeln drei Mumien in Glasvitrinen befinden. Und wie sie mir dann in der Wehrkirche die Renaissanceorgel zeigt, die nach der Restaurierung 1985 als älteste Renaissanceorgel Niederösterreichs wieder bespielbar ist, da ist sie immer noch fassungslos. So erzählt sie mir kopfschüttelnd, dass man diesem kostbaren Stück aus dem Jahre 1660 eine Orgelpfeife gestohlen hat.
Lange denke ich über diesen Frevel nach, während meine MS Austria an vielen Stellen anlegt. Und während auf meiner linken Fahrseite hoch oben die Raubritterburg Aggsbach langsam meinem Blick entschwindet, taucht die gewaltige Anlage von Stift Melk am westlichen Eingang der Wachau am Horizont auf, das zu den einflussreichsten Klostergründungen zählte. So soll Abt Dietmayr, der seinerzeit diesen gigantischen Bau in Auftrag gegeben hatte, wegen „Verschwendung und ungezügelter Baulust“ vom Konvent zur Rechenschaft gezogen worden sein. Der Kaiser jedoch machte sich stark für „seinen“ Kirchenfürsten und Prälaten.
Gut ausgeruht und gestärkt mache ich mich von Melk, dem Endpunkt meiner kleinen Schiffsreise, auf den Rückweg zu meinem Hotel nach Dürnstein. Dazu bevorzuge ich den Radweg auf der rechten Donauseite bis Arnsdorf, wo mich die Rollfähre hinüber nach Spitz bringt. Auf dieser Donauseite sind sie dann wieder, die lose übereinander gestapelten Steine, an denen ich vorbei radele. Welche großen Weinlagen mögen hier wohl auf diesen Terrassen heran wachsen.
In der Wachau enden alle Wege für einen Zwischenstopp an einer Ruine, einer Kirche oder einem Heurigen. In Joching ist es jetzt der Prandtauerhof der Familie Holzapfel. Oft habe ich schon diesem uralten Lesehof der Augustiner Chorherren St. Pölten aus dem Jahre 1308, der 1696 von Jakob Prandtauer barockisiert wurde, einen Besuch abgestattet. Nicht nur der guten Küche, sondern auch der hervorragenden Weine wegen.
Wie sich der sonnige Tag dann langsam dem Ende neigt, da schwinge ich mich auf mein Rad und nehme die letzte Hürde, um nicht in meinem Hotel Pfeffel das köstliche Abend-Menü zu verpassen, das mit ganz viel Liebe von den zwei engagierten Chefköchen Peter Homola und Lambert Dengscherz - der als Koch auf dem Traumschiff schon die ganze Welt bereist hat – serviert wird. Lecker! Dabei stammt fast alles gleich aus dem hauseigenen Garten und vieles frisch geschlachtet vom eigenen Hof. Mit seinem eigenen Wein ist Vater Leopold Pfeffel ein richtiger „Tausendsassa“.
Gerd Krauskopf
Infos:
Gut gewohnt habe ich im
Gartenhotel Pfeffel
Zur Himmelsstiege 122
A - 3601 Dürnstein
Tel: 0043 (0) 2711-206
Weitere interessante Informationen im Wachau Magazin:
Kostenlos erhalten Sie das Magazin beim
A.R.T. Redaktionsteam
Bergstraße 12
A - 5020 Salzburg
Tel: 0043 (0)662/822127