Luxemburgische Ardennen

Luxemburgische Ardennen: Angenehm im Abseits

 Luxemburg

Der waldreiche Islek liegt im Schatten der großen Verkehrsrouten - seine vielen Burgen machen aus dem Norden Luxemburgs ein Schaufenster zum Mittelalter

 

Von Marco Wehr

 

 Tief eingeschnittene Flusstäler, dunkle Wälder, raue Hochplateaus, steile Schluchten und winzige Dörfer: Mit dem luxemburgischen Islek erstreckt sich nur einen Steinwurf von Rheinland-Pfalz entfernt eine erstaunlich unberührte Landschaft. Wenn wie so oft dichte LuxemburgNebelschwaden durch diesen Teil der Ardennen ziehen, legt sich eine mystische Aura über das Land. Dafür sorgen auch die vielen Burgen und Schlösser. Denn der Islek, wo sich heute neben Bibern, Fischottern, Fledermäusen und Schwarzstörchen noch viele andere seltene Tierarten gute Nacht sagen, war im Mittelalter von großer Bedeutung und stark befestigt. Stellvertretend für diesen historischen Reichtum stehen drei herausragende Burgen und Schlösser im Islek.

 

Hoch über dem idyllischen Städtchen Vianden schaut die prachtvoll restaurierte Burg Vianden auf das Tal der Our herab. Mit ihren gewaltigen Mauern wirkt sie wie eine Kulisse aus Harry Potter oder Game of Thrones. Vom mächtigen Château öffnet sich der Blick über das enge Flusstal der Our und den vorgelagerten Stausee. Tolle Aussichten: Wie Spielzeug erscheinen die schon recht französisch wirkenden Häuschen an den Ufern von den Burgmauern aus. Hier an der Our holte sich der berühmte Schriftsteller Victor Hugo im 19. Jahrhundert seine LuxemburgInspiration. Das mächtige Bauwerk mit gotischen und romanischen Elementen geht ursprünglich auf ein römisches Kastell zurück und wurde bei heftigen Kämpfen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stark zerstört. Bis in die 1970er-Jahre hinein verfiel die frühere Festung. Dann sanierte der luxemburgische Staat das geschichtsträchtige Gebäude aufwendig. Jährlicher Höhepunkt im Burgkalender ist das große Mittelalter-Festival Ende Juli, das zahlreiche Besucher anlockt. Eine Sesselbahn ist in der Sommersaison eine bequeme Alternative zum mühsamen Aufstieg. Ob die lange erhoffte Anerkennung als Unesco-Welterbe bald erfolgt, wird die Zukunft zeigen.

 

Nach rund 23 Kilometern Autofahrt durch menschenleeres Land ist Burg Bourscheid an der Sauer erreicht. Die flächenmäßig größte Befestigungsanlage im Land besaß im Mittelalter eine große strategische Bedeutung für die Grafen von Luxemburg und diente dem Schutz der Ortschaft Bourscheid. Von der trutzigen Festung aus, die mit ihren zahlreichen Wachtürmen viel Luxemburgabweisender als ihr Vetter in Vianden wirkt, eröffnet sich ein überwältigender Fernblick auf die umliegenden Hügel und das Sauertal. Im Inneren erhält man eine Ahnung davon, wie die Grafen und ihr Gefolge im Mittelalter lebten und arbeiteten. Nach Einbruch der Dunkelheit wird das Gemäuer angestrahlt und perfekt in Szene gesetzt.

 

Die „Tour des Châteaux“ geht weiter in Richtung Norden. Nach etwa 27 Kilometern ist Clervaux erreicht, das zu den kulturellen Top-Attraktionen des Landes gehört. Das kleine weiße Schlösschen im Zentrum hat trotz zahlreicher Umbauten seinen mittelalterlichen Burgcharakter behalten. Drei Dauerausstellungen werden auf Schloss Clervaux gezeigt. Das „Museum der LuxemburgArdennenschlacht“ zieht mit seiner Dokumentation der Ereignisse 1944/45 auch heute zahlreiche Weltkriegsveteranen beziehungsweise deren Nachfahren aus aller Herren Länder in das damals heftig umkämpfte „Clerf“, wie die deutschsprachigen Einwohner das 5000-Einwohner-Städtchen nennen. Gleich nebenan dreht sich im „Museum der Modelle der Burgen Luxemburgs“ alles um die faszinierenden Festungsbauten, von denen es in dem kleinen Land so unverhältnismäßig viele gibt.

 

Luxemburg 

Übertroffen wird das alles noch von der weltbekannten Fotoausstellung „Family of Man“. Für viele Experten gilt sie als eine der besten ihrer Art überhaupt. Sie wurde vom Luxemburger Edward Steichen in den 1950er-Jahren für das New Yorker Museum of Modern Art aus Arbeiten aus aller Welt zusammengestellt. Die Bilderschau fand 1994 nach jahrelanger Tournee um den Globus ihren festen Platz in Clervaux. Nicht weniger als ein umfassendes Bild der Menschheit beabsichtigte Steichen mit dieser epochalen Zusammenschau zu zeichnen, ein Vorhaben, das auch viele Jahrzehnte nach ihrer Entstehung nichts an Aktualität und Faszination eingebüßt hat. Seit 2003 gehört Steichens Zusammenstellung aus Werken der namhaftesten Fotografen des vergangenen Jahrhunderts wie August Sander und Henri Cartier-Bresson zum Weltdokumentenerbe der Unesco.

 

Weitere Informationen:

Regionaler Tourismusverband der Luxemburger Ardennen, B.P. 12 L-9401 Vianden, Tel. 00352/26/950566, www.visit-eislek.lu

Anreise: Von Deutschland aus führen die Bundesstraßen B410 von Prüm und B50 von Bitburg aus durch die Eifel in die Luxemburgischen Ardennen. Von Luxemburg-Stadt fährt die Bahnlinie 10 nach Clervaux. Von dort aus gelangt man mit der Buslinie 664 nach Vianden und mit der 840 nach Bourscheid.

Verkehr: Der öffentliche Personennahverkehr ist in ganz Luxemburg kostenlos nutzbar.

Burg Vianden, Montée du Château, L-9408 Vianden, Tel. 00352/83/4108, www.castle-vianden.lu

Burg Bourscheid, Schlasswee, L-9140 Bourscheid, Tel. 00352/99/0570, www.chateau.bourscheid.lu

Schloss Clervaux, The Family of Man, B.P. 31, L-9701 Clervaux, Tel. 00352/92/9657, www.steichencollections-cna.lu 

Nicht verpassen: Großes Mittelalter-Festival auf Burg Vianden vom 25. Juli bis 2. August 2020. Infos unter www.castle-vianden.lu/festival-historique-2019