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Alissa Walser

 

Alissa Walser

Am Anfang war die Nacht Musik

Roman, erschienen bei Piper Verlag GmbH, München 2010

ISBN 978-3-492-05361-7

 

Alissa Walser hat drei Jahre an ihrem Romandebüt gearbeitet. Historisch verbürgte Fakten bilden den Handlungsrahmen, trotzdem ist es kein im eigentlichen Sinne historischer Roman. Im Zentrum stehen Franz Anton Mesmer, ein im ausgehenden 18. Jh. berühmt gewordener Arzt, und seine Patientin Maria Theresia von Paradis, Pianistin und Sängerin, als erblindetes Wunderkind ebenfalls berühmt geworden. In der letzten Hoffnung auf Heilung wird sie von ihren Eltern zu Mesmer gebracht, der mit seinen neuen Heilmethoden des Magnetismus Erfolge verzeichnen kann. Beide sind schon oft in der Literatur erwähnt worden. Was könnte also Alissa Walser bewogen haben, diesen Stoff ebenfalls zu verarbeiten?

 

 

Bereits 1996 hat sie geäußert, dass ihr Interesse den menschlichen Beziehungen gilt, ihren Entwicklungsmöglichkeiten und Widersprüchen; sie möchte bei ihren Lesern emotional etwas auslösen. Und das gelingt ihr mit diesem Roman: beide, der Arzt und seine Patientin, sind Ausnahmetalente, denen es schwerfällt, ihre Einsichten und Entwicklungen für andere begreiflich zu machen oder gar durchzusetzen. Mit großem Einfühlungsvermögen schildert Alissa Walser die handelnden Personen und den Zeitgeist, der eigenständig denkenden Wissenschaftlern wenig Freiraum lässt und Frauen durch mangelnde Bildung nur geringe Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Neues und Ungewöhnliches findet schnell Gegner, ganz besonders dann, wenn - wie im Fall des Arztes Mesmer - die Methoden für wissenschaftliche Erklärungen von den etablierten Größen als ungenügend angesehen werden und erste Erfolge Neid hervorrufen oder wenn – wie im Fall der jungen Künstlerin – der ersehnte Erfolg nur um den Preis des von der Gesellschaft gewünschten Habitus erreichbar scheint. Wie gehen sie mit ihrer Situation um? Was bewegt diese Menschen? Werden sie sich anpassen, ihre Ziele ändern? Diesen Fragen, die auch in heutigen Zeiten gestellt werden, geht Alissa Walser in einer vorsichtigen, elliptischen Sprache nach. Sie lässt uns an den Gedanken der handelnden Personen sehr lebendig teilhaben in einer Sprache, die „das Kino im Kopf“ abruft.

 

Gisela Baumann-Wagner

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