Zdikov

 

Träumen erlaubt im Böhmerwald

Schlosshotel Zamek Zdikov

„Bin gleich wieder zurück,“ ruft Helmut Müller mit schelmischem Blick, wie er in seiner Scheune auf der gegenüberliegenden Straßenseite seines Schlosshofes verschwindet. Und wie dann Diesellaute aus dem offenen Scheunentor zu hören sind, da erhellt sich mein fragendes Gesicht. Als dann wenige Minuten später ein Motor auf Touren gekommen ist, rollt ein gepflegter, silbergrauer Mercedes „Ponton“ mit seinem mächtig stolzen Besitzer aus der Scheune heraus und lässt mein Liebhaberherz für dieses Schmuckstück höher schlagen. Wie mir dann der Schlossherr von seiner Fahrerseite her die Beifahrertüre öffnet und mich mit strahlenden Augen zu einer Rundfahrt einlädt, da ist meine Freude grenzenlos.

Dabei war es bis jetzt ein ganz normaler Morgen im tiefen tschechischen Böhmerwald. Am stahlblauen Himmel sprenkeln Farbtupfer über dem nahen Nationalpark Šumava und in der Ferne zerfließen die letzten Nebelschwaden und legen uns auf unserer Fahrt aus der kleinen Gemeinde Zdikov auf einen dieser mächtigen Hügel Richtung Vimperk eine atemberaubende Kulisse frei. Dabei muss der betagte Motor des Mercedes 180 DB Baujahr 1959 mit seinem 4-Zylinder-Dieselmotor und seinen 42 Pferdestärken auf dieser lang anhaltend ansteigenden Landstraße ganz schön arbeiten.

„Das meistert der Motor gut,“ meint der stolze Besitzer dann mit einer Selbstverständlichkeit und schaltet auf der Hochebene mit seiner Lenkradschaltung in den 3. Gang, so dass der Motor jetzt ganz souverän läuft. „Vor über 30 Jahren habe ich ihn damals für 900 Mark erworben, in der Zwischenzeit aber auch einiges daran getan,“ verrät Helmut Müller mir von diesem edlen Boliden, der noch aus einer Zeit stammt, als weder Windkanal noch Spritpreise die Form eines Autos vorgaben.

 

Es weckt in mir Emotionen und ich weiß nicht, worauf ich mich mehr konzentrieren soll. Auf den Mythos dieses Oldtimers, der Mercedes-Benz geprägt hat und bis heute prägt oder die landschaftlichen Reize in ihrer ganzen Vielfalt mit steilen Bergen und auch sanften Hügeln, den grünen Wiesen sowie das klare, moorbraune Wasser der hochgelegenen Moorseen.

 

Mercedes

Das Faltschiebedach ist weit geöffnet und wir gleiten gemütlich vorbei an uralten Böhmerwaldhäusern, deren Holzbalken von Sonne, Wind und Regen gegerbt sind. Mal reicht der Blick weit über bizarre Hügel, die sich bis zum Horizont staffeln, dann wiederum blinken kleine Weiher im Sonnenlicht inmitten sattgrüner Wiesen und immer wieder schlängelt sich die schmale Landstraße durch dunkle, undurchdringliche Wälder.

 

Und inmitten dieser abwechslungsreichen Landschaft in einer Meereshöhe von etwa 900 Metern will mir dann mein freundlicher Führer das Hochmoor Chalupská slať beim Dreiseelendorf Borová Lada zeigen. Dazu müssen wir unser schickes Auto verlassen und zu Fuß über lange Holzstege durchs Moor zu einem Moor in der Šumavakleinen Moorsee mit schwimmenden Grasinseln gehen. Dabei erfahre ich, dass dieses Hochmoor in früheren Zeiten wirtschaftlich genutzt worden ist. So hatten die einzelnen Bauernhöfe oder Kleinhäusler einen so genannten Torfstich. „Das war ein geschriebenes Hausrecht,“ so Helmut Müller, „an welcher Stelle jede Familie dort ihren Torf zum winterlichen Verfeuern gewinnen durfte.“ Die letzte Torfnutzung im Böhmerwald war vor ungefähr 15 bis 20 Jahren. „Das hat man dann eingestellt und diese ganzen Gebiete wurden mittlerweile renaturiert,“ freut sich mein Gegenüber.

Wie er dann mit ausgestrecktem Arm auf den unteren, südlichen Teil des Moores zeigt, liegt dieser tiefer als der nördliche Teil. „Der nördliche Teil,“ sagt er mit ernster Miene, „ist ganz ursprünglich über die Jahrtausende mit seinem sauren Boden erhalten geblieben, im südlichen Bereich unseres Holz-Lehrpfades dagegen wurde teilweise der Torf bis in eine Tiefe von sieben Meter zu Blöcken gestochen.“

Noch rechtzeitig hat man den Frevel erkannt, den man der Natur mit dem Torfstechen antut. Heute ist optisch  alles wieder wunderschön angewachsen mit neuem Pflanzebewuchs wie den Zwergbirken, so dass die ursprüngliche Tierwelt hier wieder neue Lebensräume findet.

Noch lange debattieren wir im Wagen über die Menschen und ihr karges Leben in früheren Zeiten in diesen einsamen Bergwäldern. Da ist es nur nachvollziehbar, dass sie an Waldgeister geglaubt haben. Dabei fällt meinem Begleiter dann auch eine alte Sage von einem Teufel ein, der mächtige Steinblöcke in einem Bach abgeworfen und aufgehäuft haben soll. Und die will er mir zeigen. Und so fahren wir zu einer ehemaligen Holzfällersiedlung nach Modrava, stellen den Wagen dort an einem Campingplatz ab und marschieren los. Wie wir dann die fröhlichen, planschenden Kinder inmitten der riesigen, rund geschliffenen Steine hinter uns gelassen haben, empfängt uns tiefe Stille. Nur das leicht moorbraune, kristallklare Wasser des Vydraflusses rauscht inmitten dieses Natur-Doms mit seinen einfallenden Lichtstrahlen, den hell- und dunkelgrünen Blättern und den Tannen, die wie Säulen stehen. In diesem Moment merke ich, dass ich angekommen bin. Dass ich mich auf eine tiefe Art heimisch, dazugehörig fühle, ein unvergesslicher Augenblick berauschender Natur-Euphorie durchzieht mich.

Vydrafluss

Da stelle ich mir vor, wie oft sie hier in grauer Vorzeit wohl an diesem rauschenden Wasser unter diesem mächtigen Blätterdach ihre Verehrung dargebracht haben für die Geister, die sie in dieser Wildnis vermuteten.

Da sitzen wir beide stumm auf einem dieser wuchtigen Granitblöcke und blicken auf die unzählig vielen, teilweise moosüberdeckten Felsblöcke und unregelmäßigen Schwellen im Flussbett und denken an den Teufel, der hier wohl mit diesen geschliffenen Felsbrocken sein Unwesen getrieben haben muss.

Und dann erzählt Helmut Müller mir, dass hier in der „Schachtelei“, wie dieses Gebiet in der alten Böhmerwaldsprache geheißen hat, im Vydrafluss die riesigen Massen von mächtigen Granitblöcke in der letzten Eiszeit vor 13 000 Jahren aufgeschoben worden sind. Und der heutige Wanderweg hier am Fluss entlang hinunter bis zur früheren Vinzenzsäge, dem heutigen Elektrizitätswerk Čeňkova pila, diente dem damaligen Holztransport. Gebaut wurde er im 18. Jahrhundert vom Fürsten Schwarzenberg, um die im Winter geschlagenen, mächtigen Baumstämme auf Schlitten zum Sägewerk hinunter  transportieren zu können.

Bei der Lautstärke der vielen kleinen Wasserfälle muss mein kundiger Begleiter schon recht laut sprechen. „Es gibt im Böhmerwald aber auch einen Schwemmkanal,“ ruft er mir ins Ohr, „der aus dieser Zeit bekannt ist und den ein gewisser Forstingenieur Josef Rosenauer im Auftrag des Fürsten Schwarzenberg Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut hat. Es  ist der Schwarzenbergische Schwemmkanal, der im südlichen Böhmerwald an der Moldau entlang führt in Richtung Österreich und in die Große Mühl mündet. Und von ihr aus hat man in die Donau geflößt und die Stämme dann nach Wien treiben lassen. In erster Linie wurde auf diesem Wege aber nur Brennholz transportiert.“

Tschechischer Böhmerwald, Šumava

Irgendwann dann, wir haben lange verweilt, geht’s mit unserem auf Hochglanz polierten Gefährt weiter durch die Šumava, die gut 120 Kilometer lange Bergkette, die sich auf beiden Seiten entlang der tschechisch-deutsch-österreichischen Grenze erstreckt. Da geht’s jetzt aber erst einmal mächtig steil hinab ins Otava Tal, um später wieder hoch hinauf nach Kašperské Hory mit unseren 42 Pferdestärken zu klettern. Dabei erzählt der stolze Wagenbesitzer, dass sein Oldtimer mit dieser schweren Karosserie im Durchschnitt nur 7 Liter Diesel benötigt.

Und wie wir gemütlich diesen Berg erklimmen, erscheint auf der Anhöhe zu unserer linken Seite Burg Kašperk, früher Karlsburg. Wir aber ignorieren sie und sind vielmehr gespannt auf die höchstgelegene gotische Stadt Böhmens mit ihren gut 700 Metern über Meereshöhe. Dabei kann Kašperské Hory auf eine glanzvolle Zeit zurück blicken. Wurde diese Stadt durch ihren Bergbau im Goldminenrevier reich und bekannt und in grauer Vorzeit sogar von der Zahlung von Zöllen und Soldatensold befreit.

Kašperské Hory

Wie wir dann durch diese kleine, herausgeputzte böhmische  Musterstadt schlendern, die sogar 1584 zur Königsstadt ernannt wurde, da stehen wir – neugierig wie wir nun einmal sind – vor dem schmucken Rathaus plötzlich inmitten eines Konfettiregens, das einem glücklichen Brautpaar nach ihrer Trauung gewidmet ist.

Die illustre Gesellschaft begibt sich zu ihrer Hochzeitsfeier und wir fahren weiter zu unserem Schlosshotel Zamek Zdikov, an dem unsere nachmittägliche Rundreise von gut 40 Kilometern in unserem Nobel-Oldtimer endet. Und bevor das schicke Auto wieder in seine gewohnte Scheune eintaucht, streiche ich noch einmal sehr fein und vorsichtig über die spiegelglatte, silberne Oberfläche.

Schlosshotel Zamek Zdikov

Etwas wehmütig schreite ich durch das Schlossportal hinüber zur mächtigen Linde, die dem Schlossgarten die gebührende Würde gibt. Hier lasse ich mich erst einmal auf einem Gartenstuhl nieder und lasse diese wunderschöne Rundreise in dieser genussreichen stadtfernen Oase Revue passieren. Einem Refugium, in dem jeder sein ruhiges Eckchen zum Plaudern, Relaxen oder Sonnenbaden findet. Dem stehen die geschützte Wiese mit den Sonnenliegen hinter dem Schloss sowie das Schwimmbad als weiteres Synonym für kostbares Böhmerwald-Feeling in nichts nach. Zur Erholung tragen auch der hervorragende Service des Hauses und die unkomplizierte Atmosphäre der Schlossfamilie bei.

Küchenchef Jiří Frajkor, Schlosshotel Zamek Zdikov

In der ausgezeichneten Küche von Küchenchef Jiří Frajkor, der bereits über sechs Jahre lang locker und unkompliziert die Gäste im Schlossrestaurant verwöhnt, habe ich mir am frühen Abend einmal eine Ente bestellt. Und wie sie dann knusprig braun gebraten mit Rotkohl, Bömischen- und Karlsbader-Knödelscheiben und einer köstlichen Sauce vor mir steht, da verrät er mir dann später sein Geheimnis. „Ente braten,“ und da strahlen die Augen dieses jungen Mannes, der aus einer Kochdynastie stammt, „Ente braten habe ich im tiefen Bayerischen Wald von einer 85 Jahre alten Dame in Altreichenau gelernt.

Neben diesem schweren Entengericht kocht er auch sehr gerne leichte Gerichte. Da bekommt er die frisch gefangenen Fische wie Forellen aus einer Fischzucht aus dem 12 Kilometer entfernten Mlini. Dabei sind alle seine Zubereitungen aromatisch, regional und immer frisch und werden stilvoll auf handbemalter, "Gmundner Keramik" mit dem grünem Hirschen serviert.

 

Spät am Abend habe ich mich noch einmal zu einem „Absacker“ mit dem Hausherren in seinem Schlosskeller verabredet. Und wie wir dann unter seinem stilvoll bemalten Kellergewölbe sitzen, da erfahre ich, dass dieses Schloss bereits im 14. Jahrhundert erwähnt worden ist. „Möglicherweise,“ so schätzt Helmut Müller, „ist es als Wehranlage gebaut worden.“

Kellergewölbe, Schlosshotels Zamek Zdikov

Gehört hat es einmal dem Grafen Thun von Hohenstein. Und der hat es dann 1919 dem Staat verkauft, nach dem man ihm 1918 nach der Bodenreform ein Drittel seines Jagdgebietes, das damals gut 5000 Hektar betrug und bis zur Bayerischen Grenze reichte, enteignet hatte.

Und dann erzählt er, dass seine Wurzeln hier im Böhmerwald sind. Nur 15 Kilometer von hier sei seine Mutter geboren und so habe er als kleiner Bub viel von ihr aus dem geheimnisvollen Böhmerwald erfahren.

 

„Und an einem schönen Sonntagmorgen,“ und da lacht er schelmisch,  „liest meine Frau neben mir die Zeitung im Bett und sagt zu mir: Du Helmut, möchtest Du nicht ein Schloss kaufen? Sie hatte das natürlich als Scherz empfunden, dass im Böhmerwald in der kleinen Ortschaft Zdikov ein Schloss an den Meistbietenden versteigert werden soll.“

Beide haben es sich daraufhin angeschaut und sich in dieses Schloss mit der uralten Linde im Hof verliebt. Und da die Bausubstanz des Schlosses recht gut, die Nebengebäude jedoch jämmerlich verkommen waren, haben sie dann vor 16 Jahren das Meiste geboten.

„Nach nur einem Jahr Renovierungsarbeiten konnten wir es mit nur einem Flügel, dem Linken, im August 1997 eröffnen“, sagt Helmut Müller stolz. Und alles Weitere haben sie dann im Laufe der letzten 16 Jahre renoviert und restauriert, eingerichtet, Möbel und Dekorationen gesammelt und Malereien anbringen lassen. Ihr Ziel ist es, das Schloss wieder in den authentischen Zustand zu bringen, wie es mal gewesen sein könnte.

Und seinen schicken „Ponton“, den wird er weiterhin wie seinen „Augapfel“ pflegen. Denn, so verrät er mir, die Motorteile bekommt man allemal heute noch ohne Probleme. Bei den Karosserie-Teilen sehe das schon anders aus, erfahre ich. Die kann man – wenn überhaupt - nur für sehr viel Geld im Internet bekommen.

Gerd Krauskopf

 

Südlicher Westerwald, Mercedes

 

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Schlosshotel Zamek Zdikov

 

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