Wallis

 

Wallis

Wandern entlang von Kanälen im Land der Suonen

 

Schweiz, Wallis

Mitten im dichten Nadelwald schlängeln sich kleine Wasserläufe durch die grüne Landschaft.

Sie fließen in einem befestigten Bachbett und werden begleitet von schmalen Pfaden, auf denen Wanderer unterwegs sind. Immer wieder geben die Bäume den Blick frei auf die umliegenden Berge, Täler und Dörfer. Diese künstlichen Wasserwege sind typisch den Schweizer Kanton Wallis. 

Bei dem historischen Bewässerungssystem und Walliser Kulturerbe, das keine großen Höhenunterschiede überwinden muss, handelt es sich um Suonen. Im französischsprachigen Unterwallis heen sie Bisses. Entlang der acht Suonen im Gebiet zwischen Veysonnaz und Nendaz, von denen sechs noch Wasser führen, gibes hundert Kilometer Wanderwege, die von Frühling bis Herbst begehbar sind. Die längste ist die Bisse de Saxon mit 32 Kilometern, die kürzeste die Bisse de Chervé mit 5,58 Kilometern

Schweiz, Wallis

Da die Suonen als Wasserversorgung für die Kulturen und Dörfer sehr wichtig waren und deren Bau und Unterhalt sehr gefährlich war, hatten die daran Arbeitenden eine wichtige Funktion und entsprechendes Ansehen in der Dorfgemeinschaft. Die Suonen überwinden teilweise größere Hindernisse wie Felswände oder Geröllhalden, wofür über die Jahrhunderte spezielle Techniken entwickelt wurden. In den Felswänden verlaufen die Suonen in Holzkanälen, die zusammen mit einem Laufsteg an Balken aufgehängt sind. Die Balken sind in Löchern verkeilt, die in den Fels geschlagen sind. Zur Überwachung des Wasserflusses werden teilweise kleine Wasserräder verwendet, die einen auf ein Holz schlagenden Hammer antreiben. Die Hammerschläge können über große Entfernungen wahrgenommen werden und bestätigen den Wasserfluss. 

Schweiz, WallisSeit den 1950er-Jahren wurden viele Suonen wegen des einfacheren Unterhalts in Röhren verlegt oder ganz aufgegeben. Später entdeckte man den touristischen Wert der Suonen, was dazu führte, dass viele heute wieder offen Wasser führen. Sie verlaufen durch vielfältige Landschaften: an Berghängen entlang, durch Tunnel und über kleine Brücken. Bergab wechselt man mehrmals die Bachseite, entdeckt Zuleitungen auf die Weiden, bewundert Enzian, Männertreu, Arnika.

Veysonnaz und Nendaz, nur wenige Kilometer von Sion, der Hauptstadt des Kantons Wallis, entfernt, liegen hoch über dem Rhonetal und beeindrucken mit ihrem grandiosen Panorama über die Alpen. Veysonnaz, mit einer Fläche von 111 Hektar die kleinste Gemeinde im Wallis, hat 500 Einwohner und 5000 Betten. Nendaz ist mit 6100 Einwohnern und 19.500 Betten erheblich größer. Einige große Hotels und zahlreiche moderne Chalets künden von Wohlstand. Beide Ferienorte gehören zum Verbund des größten Skigebietes in der Schweiz, dem „4 Vallées“ (Vier Täler) mit 400 Kilometer Pisten. 

Schwei, Wallis

„Die Bisses gehören der Burgerschaft“, erklärt Wanderführer Jean-Noel Glassey während der Wanderung entlang der Suone von Vex. „Es ist eine Ehre, Burger zu sein und zu helfen, wenn beispielsweise bei Gewitter der Wasserpegel steigt.“ Die Burger haben einen Anteil an den Bisses und Alpen über 2000 Meter Höhe und sind für diese verantwortlich. Unterhalb davon ist alles Privatbesitz. Der Suonen-Wächter kontrolliere regelmäßig den Wasserstand und reinige das Bachbett von Schmutz und herabgefallenen Zweigen, damit sich das Wasser nicht aufstaue, betont der 55-Jährige. Das Wasser aus den Suonen wird nur von Mai bis September für die Gärten und das Vieh auf den Weiden abgeleitet. Die Kühe bleiben von Ende Juni bis Ende September auf den Alpen.

Schweiz, Wallis Am Anfang und Ende jeder Bisse steht immer dieselbe Skulptur aus Holz. Jean-Noel, der wegen seines häufigen Vornamens im Ort "Jackson" genannt wird, deutet auf ein Wasserrad mit Hammer: "Wenn der Hammer am Wasserrad anschlug, war zu wenig Wasser vorhanden. Früher war außerdem die Zeit der Wasserabnahme begrenzt; sie hing von der Grundstücksgröße ab. Der Wald besteht heute noch fast nur aus Lärchen, die wegen ihrer tiefen Wurzeln die Dörfer im Tal schützen."

Schweiz, Wallis  Yvette Martignoni, die ihre Diplomarbeit über die Suonen („Der große Durst des Wallis“) geschrieben hat, kennt deren Geschichte ganz genau: „Diese Wasserleitungen, die erstmals im 12. Jahrhundert belegt sind, leiten das Schmelzwasser von den Gletschern in die Täler und dienen dort der Bewässerung von Nutzland. Zuvor gab es nur kleine und kurze Flüsse, sodass die Bauern Experten aus Italien und aus dem Tal zu Hilfe holten.“ Die letzten Suonen seien noch im 20. Jahrhundert zur Bewässerung der Weinberge angelegt worden, erläutert die 53-Jährige. Heute stehe die Renovierung im Vordergrund. Im Frühling säubern die Vereinsmitglieder die Suonen von Hindernissen; denn die Hauptgefahr ist, dass die Suonen überlaufen. Für Schäden ist der Verein der Burgerschaft verantwortlich. „Die Berge stoppen das Wetter. Das Wallis ist mit 300 Sonnentagen im Jahr eines der trockensten Gebiete der Schweiz. Die meisten Suonen nehmen ihr Wasser von dem Fluss Printse. Ohne die Bisse Vieux hätten wir keine Aprikosen und Himbeeren, die in der Region martkbeherrschend sind“, bekräftigt Martignoni.

Schweiz, Wallis

Im Wallis haben viele Gemeinden Suonen übernommen, weil die Vereine die Instandhaltung nicht mehr bewältigt haben. Inzwischen gibt es sogar Bestrebungen einer Gruppe, die Suonen von der Unesco als Weltkulturerbe schützen zu lassen. Ein Bisse-Museum besteht bereits in Botyre in der Gemeinde Ayent.

Die Suonen liegen alle zwischen 800 und 2200 Metern. Wer höher hinaus will, fährt mit der Seilbahn auf den Mont-Fort, den mit 3330 Meter höchsten Punkt von Nendaz. Bei gutem Wetter reicht die Sicht bis zum Matterhorn und zum Montblanc.

Schweiz, Wallis Ebenfalls mit der Seilbahn erreichbar ist die Station Thyon 2000. Wanderer lassen die künstlich angelegte Bettenburg, eine der größten Bausünden der Region, links liegen und beschreiten den schmalen Pfad, dem entlang seltene Blumen wie Küchenschelle und Edelweiß blühen. Hin und wieder zeigt sich ein Murmeltier. In einer typisch renovierten Alm, der Berghütte von „Esertze“, ist Mittagspause. Die Hütte des Skiclubs wird abwechselnd von Mitgliedern ein bis zwei Wochen lang bewirtschaftet. Die jetzigen Herbergseltern servieren eine Platte mit Walliser Wurstspezialitäten zu einem Glas Weißwein und anschließend ein Stück selbstgemachten Aprikosenkuchen. Frisch gestärkt, geht es weiter über den Bergkamm zum Gipfel des 2491 Meter hohen Mont Rouge. Der atemberaubende 360-Grad-Panoramablick auf das Rhonetal und die Alpen entschädigt für die Aufstiegsmühen. 

Schweiz, Wallis Entspannung finden Wellnessfans anschließend im Spa des Bisses des Hotels Nendaz 4 Vallées in Haute-Nendaz. Die großzügige Anlage bietet auf zwei Ebenen ein großes Innen- und Außenschwimmbecken sowie diverse Dampfbäder, Saunen und Grotten. Sogar die Nachbildung einer Suone durchquert die Eingangshalle.

Wein aus dem Wallis kredenzt zu bekommen, ist fast schon ein Privileg. Schließlich produzieren 5000 Winzer allein für den eigenen Bedarf – im Schnitt 400 Liter pro Jahr. 15.000 Winzer verkaufen ihre Produkte, allerdings im eigenen Land; exportiert wird so gut wie gar nicht. Da lassen wir uns die Weindegustation im Le verre d'ici in Haute-Nendaz um so mehr munden. Die Önologin und Inhaberin Chantal Jacquemet stellt temperamentvoll die edlen Tropfen – vom weißen Petite Arvine bis zum Fendant, vom roten Cornalin bis zum Pinot noir – vor. Und so endet der Aufenthalt in weinseligem Zustand.

Norbert Krauss

 

Informationen:

Schweiz Tourismus, Tel. 00800/100 200 30, Fax 00800/100 200 31 (beide kostenlos), Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , www.MySwitzerland.com. Valais/Wallis Promotion, CH-1950 Sitten – Valais – Switzerland, Tel. 00 41/27 327 35 90, Fax 00 41/27 327 35 71, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , www.wallis.ch

Anreise: Mit Auto oder Bahn/Postbus über Zürich nach Veysonnaz und Nendaz. Mit dem Flugzeug von diversen deutschen Flughäfen nach Zürich, von dort mit der Bahn nach Sion und dann mit dem Postbus nach Veysonnaz und Nendaz.

Unterkunft: Hotel Chalet Royal in Veysonnaz. DZ pro Person mit Frühstück ab 98 Franken (90 Euro), www.chaletroyal.com. Hotel Nendaz 4 Vallées in Haute-Nendaz, DZ pro Person mit Frühstück und Spa ab 311 Franken (287 Euro), www.hotelnendaz4vallees.ch

Restaurant: Les Caboulis in Veysonnaz, Tel. 0041/78 648 85 97. Le Grenier in Haute-Nendaz, Tel. 0041/27 288 24 40. La Cabane in Haute-Nendaz, Tel. 00 41/79 719 78 10.

Weindegustation: Le verre d'ici in Haute-Nendaz, www.natiork.ch