Menschen, Reisen, Abenteuer Headgrafik

Azoren

Azoren: Wandern mit Meerblick in der Wetterküche des ewigen Frühlings

Azoren

Die Insel Faial mit glorreicher Vergangenheit ist noch heute Drehscheibe für Transatlantiksegler beim Zwischenstopp auf der Tour nach Amerika. Wanderer genießen das saftige Grün und das Meeresrauschen auf dem Weg zur alten Walfangstation

Von Gerd Krauskopf

 Sonne im Gesicht und Salz auf der Haut haben die Reisenden auf der MS Hamburg. Ihr Schiff wird gerade im Hafen von Horta auf der Azoreninsel Faial – einer der neun Inseln des ewigen Azoren

Frühlings – inmitten des Atlantiks zwischen Lissabon und New York vertäut. Jetzt freuen sich die Gäste darauf, das herausgeputzte Städtchen Horta – am Kanal zur Nachbarinsel Pico mit Portugals höchstem Berg, dem weithin sichtbaren Vulkan Pico mit 2351 Metern Höhe – zu besuchen. Dank des guten Handels, des Walfangs und der frühen Telekommunikation mit dem ersten Seekabel zwischen Europa und Amerika im Jahre 1923 entstanden hier in Horta Azorenmonumentale Kirchen und prächtige Bauten. Noch heute signalisieren deren Fassaden den Seefahrern die Bedeutung der Stadt und Transatlantiksegler sorgen in der schönsten Kneipe im Atlantik, dem „Peter Café Sport“, für kosmopolitisches Flair.

Eine kleine, zwanzigköpfige Gruppe der Schiffsgäste hat sich zu einer Wanderung entschieden, die von Porto do Varadouro gute sieben Kilometer zur alten Walfangstation Porto do Camprido geht. Das Städtchen Horta werden sie später besuchen. Und so steigen sie in einen Bus, der Azorensie zum Ausgangspunkt der Wanderung bringt. Vom Busfenster aus bestaunen sie die vielen kleinen Straßendörfer mit gepflegten Bauernhäusern und sind begeistert vom grünen Gürtel, der vom mächtigen Krater Caldeira do Cabeço Gordo mit seinen 1043 Metern, bis zum Wasser hinunter geht. Am Startpunkt der Wanderung in Porto do Varadouro an der Südwestküste schwärmen erst einmal alle aus und besichtigen das Naturschwimmbecken inmitten von schwarzem Basaltfelsen. Azoren

Noch begeistert von den tobenden, mächtigen Atlantikwellen machen sich dann alle auf den Weg. So geht es auf einem guten — fast ebenen — ockerfarbenen Ascheboden durch saftiges Grün oberhalb von lavaschwarzen Steilwänden, wobei das Meeresrauschen ständig zu hören ist. An markanten Aussichtspunkten staunt die Gruppe dann immer wieder über die mächtigen Atlantikwellen, deren Gischt bis weit hinauf reichen. Dabei ist die Tour so abwechslungsreich wie die Insel selber. Inmitten riesig hoher Baumheide und Grüntönen in allen Nuancen bleiben Azorensie immer wieder stehen und bestaunen die üppige Flora. Wie die scharlachroten Blätter der Weihnachtssterne, deren Sträucher hier eine stattliche Größe von mehr als zwei Metern erreichen. Unzählige Wandelröschen verbreiten sich buschartig in dieser üppigen Botanik, die prächtigen Blüten der Aloe Vera lassen Fotoapparate und Handys immer wieder klicken. Akazien, Erika und der Klebsamenbaum, der im Februar weiße Blüten trägt und seine Umgebung — wie die Wanderführerin Anja mit glänzenden Augen erzählt — mit dem süßlichen Duft betört. Azoren

So lässt sich diese Wanderung gut durchhalten. Abseits der Gruppe genießt man die Ruhe, lauscht seinen Schritten und erfreut sich am Vogelgezwitscher. Dabei findet ein Großteil der artenreichen Vogelwelt in den steilen Klippen ideale Brutplätze. Als seinerzeit die Entdecker die Vögel sahen, dachten sie, es seien Habichte darunter. Und so nannten sie kurzerhand die Inseln „Iihas dos Acores“, und das bedeutet „Habichtinseln“. Allerdings entdeckten Forscher später, dass es sich bei diesen Vögeln gar nicht um Habichte handelte, sondern um Bussarde. An eine Namensänderung der Azoren war dann später nicht mehr zu denken.

Dabei hat die Gruppe heute Glück mit dem Wetter. Zwar ist es immer mild, der ausgleichenden Wirkung des Atlantiks geschuldet. Doch manchmal wechseln Schauer mit Sonnenschein in rascher Folge. So lassen die gemäßigten Temperaturen eine üppig subtropische Flora gedeihen. Und inmitten dieser spektakulären Natur wandern die Gedanken zurück zur Ankunft Azoren

vor einigen Tagen auf dem Flughafen von Ponta Delgada, der Hauptstadt der Insel São Miguel.

Einem quirligen Städtchen mit vielen Gebäuden im portugiesischen Stil und dem sehenswerten

 dreiteiligen Stadttor „Portas da Cidade“ von 1783. Nur einen Steinwurf entfernt auf der Praca do Municipal das feine Renaissance-Rathaus „Câmara Municipal“ aus dem 16. Jahrhundert. Nicht weit davon entfernt die Markthalle „Mercado de Graça“, deren Tradition bis 1848 zurück reicht. Hier bieten Landwirte zum Beispiel ihre für die Insel berühmte Ananas an, Fischhändler mit ihren weißen Gummischürzen sind stolz auf ihren frischen Fisch. Angefangen von der Seekatze, dem Schwarzfleck-Meeraal bis hin zu mächtigen Thunfischbrocken. Und auf der Insel Terceira, die die MS Hamburg dann Tage später angesteuert hat, wartete der gut 2000 Jahre alte Vulkan-Hohlraum „Algar do Carvão“ mit einem Abstieg über zweihundert Stufen. Vorbei ging es an Stalagmiten und Stalaktiten in teils rötlicher, von Eisenoxiden stammender AzorenFarbe in den tiefen Vulkan-Schlund fast hundert Meter hinunter zu einem glasklaren Höhlensee. Spektakulär war jedoch der Aufstieg über Treppen mit Blick ganz nach oben zu einem mit Farnen und Moosen bewachsenen kreisrunden Vulkanschlot, aus dem einst die Magma hinaus geschleudert wurde. Heute schaut man von der Höhle aus in den Himmel. In den gleichen Himmel starteten im Zweiten Weltkrieg von der Insel – sowie von der Insel Santa Maria – zwischen 1943 und 1945 über 1.000 B-17 sowie B-24 Bomber zu ihren Bombardements gegen Nazideutschland. Auch die „Rosinenbomber“ starteten in der Zeit des „Kalten Krieges“ – bedingt durch die geringere Reichweite der seinerzeitigen Flugzeuge von Terceira, der damals längsten Startbahn der Welt.

 

Ein auf dem ockerfarbenen Ascheboden heranrollendes Auto weckt aus den Tagträumen und von Weitem erblicken alle schon den imposanten Leuchtturm „Farol dos Capelinhos“ an der westspitze von Faial, der bis zum Ausbruch des untermeerischen Vulkans im September 1957 Schiffe sicher um die mächtige klippenreiche Küste leitete. Heute ist er durch die Entstehung der neuen, mächtigen Landmasse des „Vulcão dos Capelinhos“ vom Meer aus kaum noch sichtbar und daher außer Betrieb.Azoren

 

 Um die Tierwelt - wie zum Beispiel die weithin hörbaren Sturmtaucher, die Atlantikmöwe und die sehr gefährdete Rosenseeschwalbe - auf der neuen, einer Mondlandschaft ähnelnden vulkanischen Steinwüste aus weichem Tuffgestein und Vulkanasche nicht zu stören, hat die Naturparkverwaltung ein striktes Betretungsverbot verhängt. Und Wanderführerin Anja ist sich sicher, dass die neue Landmasse irgendwann einmal einen grünen Gürtel durch Samenflug und Dank der guten Düngung durch die Tierwelt erhalten wird.

Bis zum Ausbruch des „Vulcão dos Capelinhos“ im Jahre 1957 wurde unterhalb des Leuchtturms die Walfangstation „Porto do Camprido“ betrieben. Täglich wurden acht bis zehn Walfangschaluppen — 10 bis 12 Meter lange, schmale Holzboote — über eine Slipanlage, einer schrägen Ebene, zu Wasser gelassen. Dann ruderten sechs Männer mit voller Kraft aufs Meer hinaus und ein Harpunist schaute nach den Walen. Hatte er einen entdeckt, warf er die hölzerne Harpune an einer langen Leine mit der Stahlspitze und einem Widerhaken auf das Tier. Der Todeskampf des Wales dauerte zwischen zwei und manchmal auch bis zu vierundzwanzig Stunden. Hatte das Tier keine Kraft mehr, blieb es im Wasser regungslos liegen und wurde dann getötet. Wie blutig es bei der Jagd zuging, aber auch welche Gefahr es für die Walfänger war, kann man gut beschrieben und bebildert im Besucherzentrum unterhalb des AzorenLeuchtturms — verborgen in der Lava — im „Centro de Interpretação do Vulcão dos Capelinhos“ besichtigen. Der aus dem Speck der Wale gewonnene Tran diente als Lampenfett; Fleisch und Knochen wurden zu Viehfutter und Düngemittel verarbeitet und die wachsartige Masse aus dem riesigen Kopf des Wals diente zur Herstellung von Kerzen, Salben und Schmiermittel für Maschinen. Dass der Walfang 1984 offiziell verboten worden ist, darüber freuen sich die Wanderer. Sie schauen sich die Ruinen der kleinen Walfängerhütten an, die noch aus der Vulkanasche heraus schauen. Auf einer Bank am alten Leuchtturm nehmen sie sich die Zeit und bestaunen die riesige hohe neue Landmasse mit ihren Steilkanten hinunter zum Wasser. Dabei genießen sie die Sonne und schmecken mit ihrer Zunge das Meersalz auf ihren Lippen.

Weitere Informationen:

Vom 6. Bis 18. April 2023 führt die MS Hamburg eine 13-tägige Osterkreuzfahrt von den Azoren nach Hamburg durch. Fünf Azoreninseln werden besucht zu einem Preis ab 1981 Euro pro Person inklusive Verpflegung und Hinflug. www.plantours-partner.de, Tel. 0421/173690Azoren

Die Azoren sind eine Gruppe von neun portugisischen Inseln im Atlantik, etwa 1400 Kilometer westlich vom europäischen Festland. Sie bilden eine autonome Region Portugals und gehören zur Europäischen Union. Für die Einreise genügt der Personalausweis

Azoren

Tourismusverband der Azoren, Avenida Infante D. Henrique 33, 1D, 9500-150 Ponta Delgada, Portugal, Tel. 00351/296/288082,www.visitazoren.com

Azoren

 

 

Cookie-Einstellungen l Powered by: AOS - Admin in Eislingen - Homepages vom Fachmann
Menschen, Reisen, Abenteuer