Lissabon

24 Stunden Lissabon

für unter 100 Euro!

 Legendäre Straßenbahn Nr. 28 in Lissabon

 Sehr lange war ich nicht mehr in der Stadt der großen Entdecker, die die wunderschönen Paläste hinterlassen haben. Daneben sind die alten Klöster von Lissabon noch heute die Perle des Christentums. Schon bei meinem ersten Besuch hat mich der verblasste Glanz dieser Stadt mit ihren wunderbar nostalgischen Straßenbahnen gefangen genommen. Von dieser Hauptstadt Portugals möchte ich berichten, wie man mit einem kleinen Budget wunderbar die Stadt an der Flussmündung des Tejo innerhalb von 24 Stunden entdecken kann.

 Endlich am Ziel. Fast! Ich muss bei meinem dreistündigen Flug von Düsseldorf nach Lissabon eingeschlafen sein. Ungläubig, schon da zu sein, schaue ich durch mein Flugzeug Bullauge auf den Tejo, der sich schräg unter mir vor der portugiesischen Hauptstadt zum größten Naturhafen des Atlantiks breit gemacht hat. Registriere den Verkehr auf der Hängebrücke der „Ponte 25 de Abril“, die auch gleichzeitig mit Eisenbahnverkehr kombiniert ist. Dabei erinnert sie mich mit ihrem Anstrich und den fachwerkartigen Versteifungsträgern an die Golden Gate Bridge. Und dann fällt der Blick auf eine zweite, riesig lange Brücke, die ich noch nicht kenne. Es muss die „Ponte Vasco da Gama“ sein. Diese Brücke wurde zwischen 1995 und 1998 zur Weltausstellung der Expo 1998 erbaut, um die  „Ponte 25 de Abril“ zu entlasten. Daran merke ich, dass ich lange nicht hier war.Lissabon mit dem Elevador da Bica

Jetzt sind wir schon über den Dächern der Stadt, die auf sieben Hügeln thronen soll, wie man sagt. Von denen ich denke, einige in den nächsten 24 Stunden erklimmen zu wollen. Kurze Zeit später, ich stehe an der Gepäckausgabe, telefoniere kurz mit meinem Schatz, dass ich gut angekommen bin und schnappe mir meinen kleinen Koffer, der vor mir einschwebt. Finde die Gepäckaufbewahrung sofort in der mächtigen Ankunftshalle und gebe meinen schweren Fotorucksack und den Koffer dort für knapp acht Euro ab. Mit einem Minirucksack für das Nötigste der nächsten 24 Stunden und einer kleinen Nikon-Kamera geht’s nun los. Und darauf habe ich mich lange gefreut. Endlich, nach langer Zeit mal wieder hier zu sein. Machen können, was ich will. Wo es mich hin treibt. In genau 24 Stunden muss ich wieder genau hier im Flughafen sein. Da werde ich abgeholt zu einem Auftrag, der mich für eine Reisereportage ins Centro de Portugal, ins Land der Templer führt.Rossio-Patz

Gut gelaunt nehme ich die Rolltreppe hinauf zur Abflughalle. Dort - so empfahl man mir – solle ich ein Taxi in die Stadt nehmen, nicht auf der Ankunftsebene. Hatte ich doch schlechte Erfahrung in Erinnerung. Nicht mal acht Euro, und ich steige mitten in der Altstadt nach rechtBillighotel in Lissabon langer Fahrt vor meinem über Internet gebuchten Billighotel aus. Der erste Eindruck meines Hotels: Nicht schlecht. Dabei entpuppt sich mein Zimmer im vierten Stock mit Dusche und Waschbecken ohne Fenster als recht stickig, aber mit Ventilator. Dafür recht sauber. Die Toilette - auch sauber - auf dem Gang. Bei 36 Euro die Nacht kann ich nicht meckern.

Bewaffnet mit meiner kleinen Kamera und gutem Schuhwerk mache ich mich auf den Weg. Vier Café Nicola, LissabonEtagen auf dunkler Holztreppe hinunter, und ich stehe auf dem Rossio-Patz, dem „Praça Dom Pedro IV.”, der seit dem Mittelalter das Hauptzentrum der Innenstadt ist. Eingebettet auf wellenartigem Kalksteinpflaster neben schwarzem Basaltstein sind der BronzespringbrunnenSchuhputzer auf dem Rossio-Patz und die mächtige Statue Pedros IV. Dabei fällt mir der hellhäutige Schuhputzer auf, der einem Farbigen mit großer Fingerfertigkeit sein Können unter Beweis stellt. Mir gefällt das. Schätzen es doch Portugiesen, mit sauberen Schuhen über das Elfenbeinparkett ihrer Stadt zu schlendern.

Ob es den gleichen Einheimischen auch gefällt, für eine Fahrt mit dem trambahnähnlichen Aufzug Elevador da Bica für ein paar hundert Meter gleich 3,60 Euro für eine Fahrt zu bezahlen,Elevador da Bica das wage ich zu bezweifeln. Wurden diese Bahnen doch gebaut, um den Bewohnern das Leben am Steilhang zu erleichtern. Seinerzeit bin ich mitgefahren, kann mich aber nicht an einen solch exorbitanten Fahrpreis erinnern. 

 

 Dagegen bin ich hier im Stadtteil Baixa richtig. Die Haupteinkaufsstraße Rua Augusta hat sich in all den Jahren schon verändert. Die hübschen kleinen individuellen Läden sind größtenteils Häuserschluchten in Lissabonverschwunden.  Auch der Elevador de Santa Justa - der Personenaufzug, der dem Eifelturm nachempfunden ist - der ab 1902 die Stadtbewohner in den höher gelegenen Stadtteil Chiado befördert, ist noch genau so beliebt wie eh und je. Nur das jetzt Menschentrauben in Fünferreihen geduldig anstehen, um sich mit der einmaligen Stahlkonstruktion - die anfangs mit einer Dampfmaschine angetrieben wurde – befördern zu lassen. Hier anzustehen spare ich mir, da ich das von einem meiner früheren Besuche her kenne. Dafür schlendere ich weiter zum Arco da Rua Augusta, dem Triumpfbogen, unter dem ich auf die mächtige Praça do Comércio spaziere. Hier, wo einst der riesige Palast „Paço da Ribeira“ am Ufer des Tejo stand, machte ein gigantisches Erdbeben 1755 alles dem Erdboden gleich. Heute erinnert eine Reiterstatue auf der Mitte des Platzes an König José I.von Portugal, der stolz auf den mächtigen Tejo blickt.Die Hängebrücke „Ponte 25 de Abril“ über dem Tejo

 Dem bunten Treiben hier am Tejo mit Blick auf die „Ponte 25 de Abril“, unter der gerade eines dieser Meeresgiganten elegant dem Atlantik zusteuert, verliere ich mich in Tagträumen. Dann ist mir jedoch nach kurzer Ruhe die Zeit zu schade. Unter der flirrenden atlantischen Leuchtkraft des Spätnachmittages mache Largo Santa Luzia, Lissabon ich mich also weiter auf den Weg. Von den steilen Gassen der Alfama bin ich auch jetzt wieder begeistert. Sicher, der bequemste Weg, die hügelige Altstadt mit ihren schmalen Gassen zu besichtigen, ist zweifelsohne eine Fahrt mit der legendären Straßenbahnlinie 28. Aber auch das habe ich hinter mir. Jetzt will ich einfach zu Fuß gehen. So kann ich in Ruhe der mächtigen,Catedral Sé Patriarca ältesten Kirche von Lissabon -  Sé Catedral - einen Besuch abstatten. Nur ein paar Meter bergauf toben Kinder auf dem Aussichtsplatz Jardim Júlio de Castilho in einem wunderbar sauberen, riesigen Planschbecken. Einen Steinwurf weiter lege ich einen Zwischenstopp ein.Blick vom Miradouro de Santa Luzia Mache es mir mit einem kühlen Getränk für 3 Euro aus einem Kiosk auf einem Stuhl an einem der schönsten Plätze bequem. Genieße dabei den unvergleichbaren Blick vom Miradouro de Santa Luzia auf das Altstadtgewirr der Alfama bis hinunter zum Tejo. Planlos geht es dann durch ein verwinkeltes Gassengewirr unterhalb der Burg São Jorge  - die ich morgen besuchenAltstadt von Lissabon möchte - hinunter. Dabei habe ich nur die Himmelsrichtung vor Augen, denn einen entsprechenden Plan habe ich nicht zur Hand. Auffällig dabei sind die zwitschernden Kanarienvögel vor den Fenstern in manch einer engen Gasse.

 

 Recht kurzatmig komme ich im vierten Stock meines Hotels in meinem Zimmer an. Schalte den Ventilator ein und lege mich für ein Stündchen auf’s Bett. Wieder fit bewaffne ich mich mit einemElevador de Santa Justa, Lissabon kleinen Stativ für Nachtaufnahmen. Vorher jedoch nehme ich in einem Café auf der Rua Augusta einen leckeren großen Snack und einen Kaffee im Stehen ein, wofür ich gerade mal knapp 7 Euro bezahle.Praça do Comércio in Lissabon

 Die „Blaue Stunde“ für meine Fotos ist vorbei und mich zieht es hinauf ins Gassengewirr des Barrio Alto mit seinen vielen Nachtschwärmern und netten Kneipen. Da ich jetzt am späten Abend mächtigen Durst habe, schaue ich in verschiedene hübsche Kneipen hinein. Hängen bleibe ich in einer hell erleuchteten, an deren Tresen Männer in ihren Arbeitsanzügen einen letzten Kaffee zu sich nehmen. Ich staune über den Bierpreis: 70 Cent für 0,3 Liter. Unfassbar!Café in der in der Rua Augusta

 Der nächste Morgen beginnt wieder mit einem leckeren, riesig sättigenden Schokocroissant und einem frisch aufgebrühten Kaffee in meiner bevorzugten Kaffeebar in der Rua Augusta für 2,50 Euro. Natürlich kann ich mich draußen mit Bedienung unter Sonnenschirmen in die Fußgängerzone setzen, aber dort ist es gewaltig teurer. Und ich möchte ja selbst mal sehen,Burg São Jorge über der Altstadt von Lissabon wie weit man mit einem kleinen Budget innerhalb eines Tages auskommt. Also stecke ich mir wieder ein richtig großes Sandwich für unter 5 Euro in die Tasche und mache mich auf den Weg zur Burg São Jorge.

Oben angekommen schmerzen schon die 8,50 Euro Eintritt. Dafür gibt es aber einen herrlich schattigen Platz mit einer fantastischen Aussicht auf ein Zentrum, das einst das letzte große Aufgang zur Burg São Jorge, LissabonKolonialreich der Welt beherrschte. Wie ich irgendwann dann mein mitgebrachtes Sandwich genüsslich verspeise muss ich daran denken, wie wohl dieses Land mit all den Menschenmassen zurecht gekommen ist, die Anfang der 1970er Jahre aus den damaligenPrincipe Virex Kolonien ins Land geströmt sind und untergebracht werden mussten. Einem Land, das seine Rolle als Mitglied der Europäischen Union heute seinen Platz trotz aller Schwierigkeiten behauptet hat. Darüber spreche ich auch mit meinem Taxifahrer, der hervorragend deutschBlick von der Burg São Jorge auf den Tejo spricht, da er lange Jahre in Deutschland gearbeitet hat. Und wie ich nach dem bezahlen von 8 Euro mit Trinkgeld am Flughafen aussteige, da hat er seine Landsleute so beschrieben: Die Portugiesen klagen nicht. Auch wenn es Ihnen nicht gut geht, da rücken die Familien einfach enger zusammen.

 Gerd Krauskopf

Lissabon