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Felbertauernstraße

Winteralltag in Osttirol: Unterwegs im Schneepflug auf der Felbertauernstraße und mit Lawinenexperten im Helikopter 

Felbertauernstraße 

Von Schneeproblemen bis Saunavergnügen – ein Blick hinter die Kulissen im Nationalpark Hohe Tauern in der kalten Jahreszeit

 

Von Gerd Krauskopf

 

 Bereits die alten Römer sind schon über einen Saumweg des Felbertauern — so glaubt man es hier in Osttirol — in den Pinzgau gezogen, um auf dem schnellsten Weg vermutlich nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium, ins damalige Köln, zu gelangen. Heute fährt man von Norddeutschland fast schnurgerade runter bis an die Adria. Dabei ist die Felbertauernstraße die kürzeste Verbindung über den Alpenhauptkamm in den Süden.

 

FelbertauernstraßeDie 36 Kilometer lange Passstraße und der gut fünf Kilometer lange Tunnel sind rund um die Uhr im Sommer wie im Winter geöffnet. Damit das seit über 50 Jahren bei jedem Wetter möglich ist, sind 46 Mitarbeiter um Betriebsleiter Klaus Kollnik ständig im Dreischichtendienst unterwegs. Sie geben auf „ihrer“ Passstraße einfach alles. Dabei freuen sich alle, wenn es leise rieselt. Nur sobald der Schnee auf der Straße liegenbleibt, mag ihn kein Autofahrer mehr leiden. Aber keiner kann sich vorstellen, was dazugehört, die Straße ständig frei zu halten.

 

FelbertauernstraßeEiner, der für diese durchgehende Schwarzräumung — bis auf den Asphalt — zuständig ist, ist Harald Holzer. Er ist wie alle seine Kollegen in der auf dem neuesten technischen Sicherheitsstandard eingerichteten Kommandozentrale auf 1600 Metern Höhe am Südportal des fünf Kilometer langen Tunnels in Matrei in Osttirol stationiert. Mit ihm bin ich an diesem sonnigen Vormittag Ende Januar in seinem Streufahrzeug mit dem großen, vier Meter breiten Pflug, unterwegs. Er hat heute die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich bei fast zehn Grad unter Null keine Eisflächen bilden. „Im Zweifel“, so sagt es Holzer, „dürfen wir keine Zeit verlieren, um sofort einsatzbereit zu sein.“ Dafür sind gute 500 Tonnen Salz auf Lager. Jetzt hat er sieben Tonnen davon hinten auf seinem 33-Tonner. So nebenbei erfahre ich, dass in einer für Notfälle eingerichteten Nische sogar mal jemand seinen Gebetsteppich ausgerollt und gebetet hat. Was dazu führte, dass — wie bei jedem Notfall — sofort der Tunnel gesperrt worden ist.

 

FelbertauernstraßeHeute sind Straße und Tunnelstraße bis auf eine Kleinigkeit sauber. Dort lässt der versierte Fahrer kurz seinen schweren Frontpflug auf den Asphalt aufsetzen und das schwere Fahrzeug hebt es leicht aus den Federn. Unter dem Vorbau-Pflug springen jetzt orangefarbene Funken über den Asphalt. Eine graubraune Schneematsch-Fontaine schießt nach rechts ab. Nicht immer war die Straße so sauber wie heute. Wie zum Beispiel im letzten November, als an zwei Tagen über 1,70 Meter Schnee runter kam. Da haben seine Kollegen alles gegeben, nur die Bäume haben nicht mitgespielt und vielen reihenweise um oder knickten unter der enormen Last in der Mitte durch. Da war die Felbertauernstraße ausnahmsweise für sieben Tage gesperrt.

 
Harald Holzer ist auch Mitglied der örtlichen Lawinenkommission. Sie trägt dafür Sorge, dass Lawinen frühzeitig erkannt und gesprengt werden. So fliegt er regelmäßig mit dem Helikopter über den Alpenhauptkamm von Osttirol hinüber ins Pinzgau in Salzburg und sucht die Hänge nach Lawinengefahr ab. Zwei Stunden später sitze ich im Helikopter neben dem Piloten Josef Basletner und fliege mit ihm die lawinengefährdeten Hänge hoch über der Felbertauernstraße Felbertauernstraßeab. Besonderes Augenmerk gilt heute dem Hochgasser, an dem eine Lawinensprenganlage jederzeit geladen ist. Es besteht jedoch heute keine Gefahr. Auch sonst gibt es keine Bedenken für einen Lawinenabgang. Da bleibt für mich genug Zeit, von hier oben den Nationalpark Hohe Tauern mit seiner „alpinen Wildnis“ zu genießen. Er ist der größte Nationalpark Mitteleuropas mit einer Fläche von 1856 Qudratkilometern und zählt mit seinen über dreihundert 3000er Gipfeln zu den großartigsten Landschaften der Erde.

 

Weil Holzer und seine Kollegen ihre Arbeit gut machen, kommen Urlauber ohne Probleme in ihre gebuchten Skigebiete. In Osttirol warten immerhin sieben Skigebiete mit leichten bis Weltcup-Pisten und gut 400 Kilometer gespurten Loipen. Mein Urlaubsziel ist das versteckt liegende Defereggental im Bezirk Lienz. Hier in St. Jakob in Defereggen werde ich von einer Felbertauernstraßetraumhaft weißen Winterlandschaft empfangen. Da spiegelt sich die Sonne in Millionen von Eiskristallen an den Bäumen. Im Volksmund wird das Defereggental auch der „Kältepol Österreichs“ genannt, weil es hier immer zehn Grad kälter ist als im übrigen Land. Was auch einen Vorteil für die weiße Pracht bringen kann.

 

Die nächsten sonnigen Tage sind dem Skivergnügen und Spaziergängen gewidmet. Da geht es mit der Mooserbergbahn gleich am Hotel von 1400 Metern über die Mittelstation hoch hinauf auf 2373 Meter, wobei die Spitze des „Großen Lepples Kofl“ fast greifbar ist. Dabei sind die gut Felbertauernstraßepräparierten Abfahrten ein Genuss und von wenigen Skibegeisterten nur genutzt. Und beim Schneeschuhwandern bin ich dann ganz allein auf weiter Flur. Danach sind dann im Hotel Saunagänge, Rückenmassagen und ein Heilwasser-Badl die angenehmsten Entspannungen. Das hierfür genutzte Deferegger Heilwasser kommt nur einen Steinwurf weit aus einer Tiefe von 1850 Metern aus der Erde und stammt aus einem verschlossenen Urmeer. Europaweit einmalig Felbertauernstraßeist die vitalisierende Wirkung des über eine Millionen Jahre alten Wassers der jodhaltigen Natriumchlorid-Sole-Therme. Auch bei Hautkrankheiten wie zum Beispiel Neurodermitis wirkt das weltweit einzigartige Salzwasser langfristig Wunder.

 

Mit einer abendlichen Schlittenabfahrt auf einer beleuchteten Strecke geht dann wieder einmal ein langersehnter Winterurlaub viel zu schnell zu Ende. Vorher genieße ich jedoch bei Kerzenlicht beim lustigen Hüttenwirt Bruno in der urig kleinen Alm Alpestalle geröstete Schlipfkrapfen — eine Osttiroler Spezialität aus Nudelteig mit Kartoffelfüllung, Zwiebeln, Knoblauch und Schnittlauch. Abgerundet wird der Abend mit einem edel gebrannten FelbertauernstraßeZirbenschnaps aus der Schaubrennerei von Heimo Macher hier aus St. Jakob. Und ab geht die Post auf dem Schlitten ins Tal.

 

Wie ich dann am nächsten Morgen gut ausgeschlafen mit meinem Wagen bei der Rückfahrt am leicht verschneiten Südportal des Felbertauerntunnels ankomme und noch einen kurzen Blick auf den Firmenhof werfe, bekommt Harald Holzer gerade wieder seinen LKW mit Salz für die Räumung der Felbertauernstraße geladen.

 

Weitere Informationen:

 

Die einfache Fahrt über die Felbertauernstraße kostet 11 Euro (Motorräder 10 Euro). Wer sich vor Beginn der Reise ein Vorteilsticket beim ADAC besorgt, zahlt für Hin- und Rückfahrt zusammen 20 Euro. Weil bei der Maut kein Unterschied zwischen PKW, Wohnmobil, Campingbus oder Gespann gemacht wird, ist die Route besonders für Camper interessant. Felbertauernstraße AG, Albin-Egger-St. 17, A-9900 Lienz, Tel. 0043/4852 63330, www.felbertauernstrasse.at

Anreise: Die Felbertauernstraße ist von den aktuellen Fahrverboten in Tirol nicht betroffen. Einfach in Kufstein Süd von der Autobahn abfahren und der Beschilderung Richtung Felbertauernstraße folgen. Fahrzeit mit dem Pkw von München bis St. Jakob in Defereggen etwa 3,5 Stunden.

Unterkunft: Hotel Jesacherhof, Außerrotte 37, A-9963 St. Jakob in Defereggen, bis 29.02.20 174,00 Euro pro Person und Tag (1167 Euro pro Woche) einschließlich Frühstück, Nachmittagskuchen und 5-Gänge-Abendmenü, Tel. 0043/48735333, www.jesacherhof.at

Skipass: Gültig am Großglockner Resort Kals/Matrei, Skizentrum Hochpustertal/Sillian, Skizentrum St. Jakob im Defereggental, Lienzer Bergbahnen, Obertillacher Bergbahnen, Kartitscher Liftgesellschaft: Winter Hauptsaison bis 14.03.2020, 6 Tage für Erwachsene 250 Euro, Kinder 125 Euro. Tageskarte für Erwachsene 49 Euro, Kinder 24,50 Euro.

Deferegger Heilwasser, Innerrotte 62, A-9963 St. Jakob in Defereggen, Tel. 0043/676841560406, www.heilwasserquelle.at

Erlebnisbrennerei Heimo Macher, Unterrotte 82, A-9963 St. Jakob in Defereggen, Tel. 0043/487363630, www.machers-landhotel.at

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