Oberstdorf und Kleinwalsertal

Oberstdorf und Kleinwalsertal: Eine perfekte Winterbühne

Oberstdorf/Kleinwalsertal

Von einem, der nach langer Zeit mal wieder auf den Brettern steht, und einem Pistenraupenfahrer, der das möglich macht

Von Gerd Krauskopf

Da schwingt der Gast nach über zwanzig Jahren Bretter-Abstinenz vor Freude, dass die Schwünge noch klappen, die Pisten am Fellhorn und an der Kanzelwand hinunter.

Oberstdorf/KleinwalsertalLässt sich von der neuen Bierenwangbahn mit Sitzheizung und Wetterschutzhaube – die bei diesem Sonnenschein nicht benötigt wird – im Zweiländereck Deutschland/Österreich wieder in die Höhe tragen. Die Beinmuskulatur kann sich von den ungewohnten Belastungen bei der Mittagsrast in der „Obere Alpe Bierenwang" erholen. Der Gastraum dient im Sommer als Oberstdorf/KleinwalsertalKuhstall und wird vor der Wintersaison sorgfältig gereinigt und mit Holzboden für die Gäste versehen. Am Nachmittag geht’s dann zum Hotel zurück und zur Entspannung in den 36 Grad warmen Außenwhirlpool. Dabei fällt der Blick über den im Sonnenschein funkelnden Schnee weit hinüber auf die mächtigen Kleinwalsertaler Berge.

Wie dann die tief stehende Sonne hinter dem Heuberg verschwindet, beendet der Gast sein ausgedehntes Bad und will wissen, wer dafür sorgt, dass die Pisten wieder präpariert werden, Oberstdorf/Kleinwalsertalwährend die Sportler ihrem Après-Ski nachgehen. Sind doch unzählige Skifahrer die Hänge hinunter geschwungen und gewedelt und haben dabei den Schnee langsam aber sicher ins Tal geschoben. Was für die Piste bei jedem Schwung ein kleines Desaster bedeutet. Und hier müssen die Fahrer der Pistenraupen wieder dafür sorgen, dass der Schnee von unten nach oben geschoben wird. Das ist nicht so einfach, dazu gehört viel Erfahrung. Einer von fast vierzig Fahrern dieser mächtigen Kettenfahrzeuge im Skigebiet Oberstdorf/Kleinwalsertal ist Lucki, Oberstdorf/KleinwalsertalLudwig Willmann aus Oberstdorf. Um fünf Uhr nachmittags beginnt der Dienst des 36-Jährigen. Fünfzehn Jahre kommt er hier bereits hinauf zu seiner Mannschaft auf die Heuberg Arena und schmeißt pünktlich seinen 401 PS-starken PistenBully 600 an. Er zirkelt wie die drei weiteren Fahrer  zentimetergenau aus der Stahlbetongarage heraus, lässt sein gelbes Blinklicht aufleuchten, lädt seinen Gast ein und startet durch zu seinem Gebiet, das er bis ein/zwei Uhr in der Nacht beackern wird.

Während die mächtigen Ketten untergrundschonend die Maschine voran bringen, erzählt Lucki von seinem gestrigen Ausflug zum Nebelhorn. Dort hat er inmitten der Allgäuer Alpen auf der großen Terrasse des gerade erst neu eröffneten Gipfelrestaurants in 2224 Meter Höhe mit seiner dreijährigen Tochter eine Mittagsrast mit herzhaften Allgäuer Spezialitäten eingelegt. Oberstdorf/Kleinwalsertal„Dabei hatten wir so geniale Weitsicht, dass ich ihr von der Tribüne der Alpen, wie die Oberstdorfer ihren Hausberg nennen, einige der gut 400 sichtbaren Gipfel zeigen und erklären konnte", schwärmt er. Danach hat er sie mit ihren kleinen Ski zwischen seine Bretter genommen und ist mit ihr langsam aber sicher die fast acht Kilometer lange Talabfahrt bis zur Talstation in Oberstdorf abgefahren.

In der Zwischenzeit sind die beiden Plauderer in der dunklen Heuberg Arena an der Schwarzen Piste angekommen. Sie ist eine der schwersten Abfahrten, die der Skizirkus zu bieten hat. Da steigt Lucki aus seinem Fahrzeug aus und befestigt das 12 Millimeter starke und gut 1000 Meter lange Stahlseil von seinem Fahrzeugkran an einem auf der Piste betonierten Haltepunkt. Wieder eingestiegen in seine beheizte, komfortable Kabine kann er aus dem körperfreundlichen Sessel heraus mit dem Halblenkrad und dem Multifunktionsdisplay sowie einem Joystick seine Raupe in die richtige Position bringen. Während aus dem Stereoradio Nachrichten der Antenne Bayern verlesen werden, konzentriert sich der routinierte Fahrer auf die Steilfläche bei einem Neigungswinkel von 30 bis 40 Grad. Das treibt dem Beifahrer schlagartig Angstschweiß auf die Stirn, was jedoch völlig unbegründet ist. „Selbst wenn die Pistenraupe nicht am Stahlseil hängen würde", so beruhigt Lucki, „wäre das kein Problem für das Fahrzeug." Wie sie dann fast unten angekommen sind, kreuzt noch in der Dunkelheit kaum sichtbar ein vermutlich angetrunkener Skifahrer vor ihnen ihre Piste. Was verboten ist und äußerst gefährlich sein kann, wenn dieser über das Stahlseil stürzt. Außerdem verwirbelt beim Fahren der Schnee und Oberstdorf/Kleinwalsertalder Fahrer hat dadurch oft gar nicht so viel Sicht. Nach diesem Schreck wird das mächtige Schild des Schneepfluges vor der Maschine in Position gebracht und ein riesiger Schneeberg wirdden Steilhang hinauf geschoben. Dabei wird hier ein Hügelchen abgetragen und dort eine kleine Vertiefung eingeebnet. Schaut man derweil hinter sich, so formen die hinten angehängten schweren Gummilippen einen feinen Teppich.

Während die Maschine arbeitet sitzt Lucki entspannt in seinem Sessel und hört dem Gast zu. Der nämlich war vor Tagen ohne seine geliehenen Bretter auf dem Hohen Ifen mit seinem weit sichtbaren spektakulären Felsen und dem eindrucksvollen Gottesackerplateau. Der Gast hat bei einem längeren Aufstieg zum Gipfelkreuz des Hahnenköpfle die absolute Stille genossen, wobei sich die Welt auf zwei Farben reduziert hat: Weiß für den Schnee und eisblau für den Himmel. Wieder zurück an der Bergstation war er von Thomas Vorholzers Bioküche des Oberstdorf/KleinwalsertalBergrestaurants „Hahnenköpfle" mit ihren frischen, saisonalen Köstlichkeiten begeistert. Wurde die kleine Kochbrigade doch gerade mit der „Grünen Haube", dem Qualitätssiegel für eine gesunde Küche ausgezeichnet.

Urplötzlich muss sich der Fahrer auf einen Schräghang konzentrieren. Dabei, so verrät er, muss er die Fräse hinten leicht zum Berg hin drücken, weil die Maschine seitlich leicht abrutscht. So bekommt er eine schöne Spur mit einem feinen Finish. Sind Schneekanonen die ganze Nacht über im Einsatz, fahren andere Kollegen in aller Frühe hinaus. Lucki aber zieht noch bis weit nach Mitternacht seine Runden. Die Familie freut sich über den Nachtdienst, weil er dadurch Oberstdorf/Kleinwalsertalam Tage viel Zeit hat für seine beiden kleinen Töchter. Im Sommer dagegen ist er oft lange von zu Hause weg. Da arbeitet er im Schweizer Oberengadin als Hirte.

Für den Gast ist es jetzt Zeit, sich zu verabschieden. Der fährt hinunter nach Oberstdorf. Dort ist er im Stillachtal mitten im Wald im idyllisch gelegenen Berggasthof Laiter zum Abendessen mit Slalom-Weltmeister von 1987 in Crans-Montana, Frank Wörndl, verabredet. In der guten alten Stube aus dem 16. Jahrhundert, in der sich die Deckenbalken bereits beachtlich durchbiegen, schwärmen dann beide von den hausgemachten "Kässpatzen". Dabei plaudern sie über alte Zeiten von Slalom Abfahrten, Weltcuprennen und Olympischen Spielen. Aber auch von den Urlaubern, die früher noch zwei bis drei Wochen hier verbracht haben. Heute schaut man mal kurz für zwei/drei Nächte vorbei. Auch hat man früher den Après-Ski zelebriert. Da hatte fast jedes Hotel eine Kellerbar. Und man hat auch gerne mal einen über den Durst Oberstdorf/Kleinwalsertalgetrunken. Heute dagegen sind die Hüttengaudi-Erlebnisse merklich weniger geworden und der "Anton aus Tirol" wird nur noch an ganz bestimmten Orten aufgelegt. Gut aufgelegt verlassen die Gäste am späten Abend den urgemütlichen Berggasthof, dessen mächtige Eiszapfen tief hinunter hängen vom weit überstehenden Dach.

Weitere Informationen:

Die Anreise mit der Deutschen Bahn bis Oberstdorf ist unkompliziert. Vom Bahnhof Oberstdorf fährt regelmäßig in kurzen Abständen ein Linienbus ins Kleinwalsertal.

 Tourist Information Oberstdorf Haus, Prinzregenten-Platz 1, 87561 Oberstdorf, Tel. 08322/7000, www.oberstdorf.de; Kleinwalsertal Tourismus eGen, Walserstrasse 264, A-6992 Hirschegg, Tel. 0043/5517/51140, www.kleinwalsertal.com

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Skigebiete: Die größte österreichisch-deutsche Wintersportregion Oberstdorf/ Kleinwalsertal, 2 Länder, bietet 130 Pistenkilometer und einen gemeinsamen Tages-Skipass ab dem zweiten Tag für die Skigebiete Nebelhorn, Fellhorn/Kanzelwand, Söllereck Walmendingerhorn/Heuberg/Ifen. Die Elternkarte ist übertragbar und ermöglicht es Eltern mit Kleinkindern, wechselweise den Nachwuchs zu betreuen und auf die Piste zu gehen.  Sie ist ab der 3-Tageskarte erhältlich undgilt, solange die eigenen Kinder unter 7 Jahre alt sind. Ebenfalls neu: „Die Karte 6 Tage in der Saison". Sie bietet sechs Skitage, die man frei in der Saison wählen kann, für die man aber nur fünf Tage (230 Euro) bezahlen muss. Bergbahnen Oberstdorf/Kleinwalsertal, Tel. 08322/96000,  www.das-hoechste.de

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Übernachten zum Beispiel im Travel Charme Ifen Hotel, Oberseitestr. 6, A-6992 Hirscheck, Tel.0043/55176080, www.travelcharme.com

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