Frankreich, Hotelschiff

Frankreich: Die Entdeckung der Langsamkeit

BurgundMit einem Hotelschiff unterwegs auf dem Kanal von Burgund

 

Von Uwe Junker – im Gedenken an meinen Vater

 

 Es war meine letzte Reise zusammen mit meinem Vater, der im Sommer letzten Jahres nach langer Krankheit verstarb. Ich erinnere mich gut daran, was diese beschauliche Fahrt auf dem Canal de Bourgogne, dem Kanal von Burgund, mit ihm machte: Dieser ewig Rastlose kam vollends zur Ruhe inmitten der familiären Atmosphäre an Bord und angesichts der vorbeiziehenden idyllischen Landschaften und beim Besuch geschichtsträchtiger Orte. Die Hotelbarge „La Provence“ gibt es nicht mehr, andere - vielleicht luxuriösere Boote - befahren inzwischen die Route. Geblieben ist damit die Möglichkeit in unserer schnellen, über-digitalisierten Zeit die Langsamkeit für sich selbst neu zu entdecken und sich auf wirklich Wichtiges zu besinnen.

     

BurgundIm Herzen Burgunds liegt das Dörfchen Vandenesse en Auxois. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: eine sehenswerte Kirche aus dem 13. Jahrhundert, deren Friedhof auch jungen Piloten der britischen Luftwaffe zur letzten Ruhestätte wurde. Ein Restaurant, ein Lebensmittelladen und eine Dorfkneipe, in der Fremde mit Handschlag begrüßt werden, wenn Burgundsie wie wir den Hauswein kosten möchten. Von Zeit zu Zeit beleben Touristen das verschlafene Dorf, entweder um ihre Vorräte auf einem eigens gemieteten Hausboot aufzufüllen oder auf einem der auf dem Kanal von Burgund fahrenden Hotelschiffe ein- oder auszuchecken.

 

Familienpension auf dem Kanal

 

Damals gingen wir an Bord der „La Provence“ und der Alltagsstress war im Handumdrehen weit weg: Vier mit viel Liebe zum Detail eingerichtete Doppelkabinen, ein provenzalisch eingerichteter geräumiger Salon mit kleiner Bar und ein Sonnendeck sorgen für eine familiär-Burgundentspannende Atmosphäre. Die beiden schwäbischen Schiffseigner Philipp Deisenroth und Tommy Heller zeigten uns mit berechtigtem Stolz eine Fotoserie, die die aufwendige Umgestaltung eines maroden ehemaligen Kanalkahns zu einem gemütlichen Hotelschiff in Eigenleistung dokumentiert.

 

Unser schwimmendes Domizil wurde in den nächsten Tagen zum Ausgangspunkt zahlreicher Ausflüge in die geschichtsträchtige Kulturlandschaft Burgunds. Im Zentrum Dijons, der Burgundhistorischen Hauptstadt dieses Landstrichs, beeindruckt der Herzogspalast mit seiner theatralischen Front im Stil der französischen Klassik. Der halbrunde Platz davor wird von zahlreichen Cafés und Restaurants gesäumt und hält die Stadt auf Distanz, bietet ihr jedoch Burgundzugleich mit der streng gegliederten Palastfassade eine schöne Kulisse. Ein stillerer Ort ist die Kosteranlage „Ancienne Chartreuse de Champmol“, von der die Zerstörungswut der französischen Revolution leider nur die Portalskulpturen und den Mosesbrunnen übrigließ. Dessen Sockel beherrscht die breite Gestalt des Moses mit Gesetzestafeln und der Weissagung der Erlösung Israels.

 

Hollywood in Burgund

 

BurgudNeben touristischen Höhepunkten wie der abgeschieden im Wald gelegenen, gewaltigen Zisterzienserabtei von Fontenay oder der Weinmetropole Beaune mit ihrem weltberühmten „Hôtel-Dieu“ und ihrem quirligen Markt führt  uns die Reise auch zu weniger bekannten, aber nicht minder stimmungsvollen  Orten. Und die sind bis heute von großen Touristenströmen Burgundverschont blieben.

 

 Nach Flavigny sur Ozerain etwa, mit seiner vollständig erhaltenen mittelalterlichen Fassade eines der schönsten Dörfer im Burgund. Berühmt wurde es durch den Film „Chocolat“, der hier gedreht wurde. Eine Vermarktung à la Hollywood fand glücklicherweise nicht statt. Lediglich eine Tafel mit Portraits der beiden Hauptdarsteller Juliette Binoche und Jonny Depp erinnert an Burgunddie Dreharbeiten. Auch das romantische Wasserschloss „Château de Commarin“ in Pouilly-en-Auxois, das seit dem Jahre 1214 in nunmehr 25. Generation in Familienbesitz ist, lohnt mit seiner gotischen Kapelle und großen Wandteppichen mit alchemistischen Motiven unbedingt einen Besuch.Burgund

 

Neben allen Sehenswürdigkeiten, die die geschichtsträchtige Kulturlandschaft Burgunds bietet, besteht der Reiz einer Reise auf dem Kanal von Burgund nicht zuletzt in dem individuellen Erleben französischer Lebensart ohne Kreuzfahrtklimbim mit Garderobenzwang in familiärer Atmosphäre. Philipp zauberte Abend für Abend ein vollkommenes Menu, Thomas kümmerte sich um die Schiffstechnik und greift gelegentlich zu seinem Saxophon. Wer mal ganz für sich allein sein will, schnappt sich eines der mitgeführten Fahrräder und radelt hinaus in die dünn besiedelte Weite Burgunds.Burgund

                                                  

Weitere Informationen:

 

Information und Buchung: zum Beispiel mit den Hotelbargen „La Belle Epoque“(maximal 2 Gäste und 6 Crewmitglieder) oder „Finesse“ (maximal 8 Gäste und 8 Crewmitglieder)

Homepage: www.fluss-kreuzfahrt.biz/canal-du-bourgogne-1.html, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Tel. 02364/5088990