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Die Burgenstrasse: Die Burg bleibt zu

Pest, Cholera oder Corona: Die Burg bleibt zu

 

Heidelberg 

Beim Umgang mit Seuchen und Krankheiten hat sich im Lauf der Jahrhunderte nicht viel verändert: Die Burgenstraße bietet erhellende Einblicke

 

Von Gerd Krauskopf 

 

Zwar war jeder Burgherr angehalten, die Bauern und Bürger seiner Herrschaft aufzunehmen und zu schützen. Dafür mussten sie ihm ja schließlich Frondienste leisten. Doch die Realität war anders. Burgherren, die sich nicht einigeln wollten und es sich leisten konnten, flohen mit Frau und Kindern auf einen dünn besiedelten Landsitz zurück und warteten dort das Ende der Seuche ab. Als 1596 in Heidelberg der schwarze Tod wütet, floh der Kurfürst nach Amberg, um der Seuche zu entgehen.

Schloss NeuensteinHerrscher und Bürger hatten zurecht eine Heidenangst vor Seuchen. Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz am Schwetzinger Hof erließ deshalb ein Edikt im Jahre 1770 gegen die drohende Pest, die in Polen ausgebrochen war. Um umfangreichen Schutz der Untertanen zu garantieren werden „der Pest halber verbottener Wege für alle Fremde bey schwerster Leibes und Geldstraffe“ geschlossen. Die nicht befestigen Grenzen der Pfalz wurden mit Stecken markiert, an denen eine schwarze Pestfahne angebracht wurde. Wer ungeachtet dessen in die Pfalz einreist, wird sofern er von Stand ist mit 25 Reichstaler und wer von geringer Herkunft ist mit 25 Prügeln belegt und über die Hauptstraße zurückgeführt. An der Landesgrenze wird dem Übeltäter mit Nadeln in den rechten Oberarm ein Kreuz geritzt und mit Pulver ausgebrannt. Sollte jemand nochmals in der Pfalz aufgegriffen werden droht ihm die Todesstrafe. Das mitgeführte Hab und Gut soll ungeachtet des Wertes sofort verbrannt werden.“

Schloss SchwetzingenIn der evangelischen Kirche Neckarsteinach befinden sich die Nachbildungen von mittelalterlichen Glasscheiben, eine zeigt den Hl. Georg, wie er einen Drachen besiegt. Er ist der Patron der Spitäler und Siechenhäuser, da er vor Fieber, Pest und Lepra schützen soll. Neckarstein besaß im Mittelalter eine Stadtbefestigung, die bei dem Ausbruch von Seuchen geschlossen werden konnte. Dies konnte den Ausbruch von Krankheiten allerdings nicht verhindern. 1633 wütete die Pest in Neckarsteinach, 1635 starben daran 275 Einwohner. Die Krankheit wurde während des 30-jährigen Krieges durch Soldaten eingeschleppt. 

Rothenburg ob der tauberWie gingen die Menschen seinerzeit mit den Seuchen um? Diese Frage beantwortet Dr. Markus Hirte, Geschäftsführender Direktor des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg ob der Tauber. „Oft glaubte man, dass die Krankheit durch verunreinigte Lüfte übertragen wurde oder auf ein Ungleichgewicht der vier Körpersäfte zurückzuführen ist. Auch wurden teilweise Hunde und Katzen als Krankheitserreger ausgemacht und bekämpft mit dem Ergebnis, dass die Dezimierung der natürlichen Feinde der wahren Pestüberträger, nämlich durch Ratten, der Verbreitung der Seuche weiteren Vorschub leistete.“

Rothenburg ob der TauberPest, Krankheiten und Seuchen wurden immer wieder als Strafe Gottes interpretiert. So brach sich im Spätmittelalter eine neue Frömmigkeit bahn, aber auch einer überhöhten Daseinsbejahung. „Die Mittelbare Folgen der Pest“, weiß Dr. Hirte, „entluden sich immer wieder in Gewaltexzessen, vor allem gegen Randgruppen und Andersdenkende. So gab es 1349 ein Pogrom an der jüdischen Bevölkerung der Tauberstadt, der das dortige jüdische Leben für gut 20 Jahre zum Erliegen brachte.

 

Rothenburg ob der TauberSo ist Dr. Hirte stolz darauf, dass in seinem Mittelalterlichen Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber im Rahmen einer Dauerausstellung wie auch in der zum 100jährigen Jubiläum des Museums konzipierten Sonderausstellung Fragen der sozialen Ausgrenzung und Vorsorge vor "Pestilenzen" thematisiert werden. Die mit Infektionskrankheiten verbundenen Sozialkonflikte sind Thema.

 

So gibt es in den Burgen, Kirchen und Museen entlang der Burgenstraße zahlreiche Hinweise auf den Umgang mit Pest, Cholera und Typhus. Aber auch abseits dieser Themen bieten die historischen Gebäude der Burgenstraße viele interessante Facetten und wunderschöne Ausblicke inmitten herrlicher Landschaften.Bad Wimpfen

 

Weitere Informationen:

 

Mittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber, Burggasse 3-5, 91541 Rothenburg ob der Tauber, Tel. 09861/ 5359, www.kriminalmuseum.eu

 

Über die Burgenstraße e.V.

Die 1954 ins Leben gerufene „Burgenstraße“ zählt zu den traditionsreichsten Ferienstraßen Deutschlands. Beginnend in Mannheim führt sie 770 Kilometer nach Bayreuth, vorbei an mehr als 60 Schlössern und Burgen durch die Landschaften des Neckartals, der Fränkischen Schweiz und des Frankenwaldes. Die Touristikroute gewährt Reisenden einen historischen Einblick in das Mittelalter, den Barock und den Klassizismus. Weitere Informationen unter www.burgenstrasse.deTel. 07131/9735010

 

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