Baku
Vergangenheit trifft auf gigantisch Moderenes
Dort, wo einst müde Händler mit ihren Kostbarkeiten auf der Seidenstraße in Karawansereien
inmitten der riesigen staubigen aserbaidschanischen Halbwüste an den Fluten des Kaspischen Meeres Unterschlupf fanden, staune ich heute über einen gigantischen Architekturmix. Einem Märchen gleich aus Tausendundeiner Nacht. Und das verdankt man dem schwarzen Gold und jenem verstorbenen Staatspräsidenten Heydar Aliyev, der nicht gekleckert, sondern geklotzt hat und den zweiten Ölboom einleitete. Hatte man beim ersten Ölboom im vorigen Jahrhundert Ölbarone wie die Nobels und Rothschilds nach dem Sieg der Bolschewiki 1917 aus dem Land gejagt, so stehen heute ihre prächtigen Villen mit ihren orientalischen Fassaden und klassischen europäischen Stilen inmitten eines interessanten architektonischen Hot Spot, der ein wenig den Nahen Osten, Asien und Europa verkörpert. Und hier in Europa hat dann der
Eurovision Song Contest im Jahre 2012 Baku salonfähig gemacht. Dazu wurde kurzerhand die Baku Crystal Hall für 200 Millionen Euro mit einem überzeugenden modernen architektonischen Konzept für 25 000 Zuschauer aus dem Boden gestampft. Der davor positionierte Fahnenmast ist ganz selbstverständlich der zweithöchste der Welt und die an ihm wehende Nationalfahne wiegt 350 Kilogramm.
Baku macht mit gigantischen bauprojekten von sich reden.
Einer dieser weiteren architektonischen Highlights ist das "Heydar Aliyev Cultur Center", das mit seinen flüssigen Formen den kantigen Bauten aus der Sowjetzeit einen mutig neuen Baustil
entgegensetzt. Und dort schenkt man gerade den Champagner für die Teilnehmer der „Baku World Challenge“ aus, die in Kürze mit ihren dröhnenden PS-Boliden aufkreuzen werden. Und für dieses Spektakel stehen unzählige professionelle Fahnenträger am Straßenrand und warten auf den richtigen Moment, derweil die dicken BMW-Polizeiwagen mit ihren schrillenden Sirenen
über unüberhörbare Lautsprecher noch die letzten haltenden Autobusse von dannen jagen. Auch ich will nun auf dem Prachtboulevard "Neftçilər" das Spektakel sehen. Und das kündigt sich schon von Weiten durch gigantisches Röhren hochgezüchteter Motoren an, die dann in einem Klanginferno vorbei rasen.
Durch einen äußerst sauberen, hell erleuchteten Straßentunnel gelange ich zur anderen Straßenseite und schlage meinen Weg am Jungfrauenturm Qız Qalası in die UNESCO-
geschützte Altstadt Içəri Şəhər ein. Im Labyrinth der engen Gassen bleibt mein Blick lange an den hängenden, verglasten Balkonen haften, die im krassen Gegensatz zu den weit entfernten drei gigantischen "Flame Towers" stehen, deren illuminierte Flammen jetzt am Abend über die Glasflächen bis in die Spitzen züngeln. Hier trifft sehr eindrucksvoll Tradition auf Moderne.
Neue Kraft tanken in einer traditionellen Teestube.
Dem Pflastertreten, gigantischem Verkehr und Hupkonzerten überdrüssig, suche ich mir eine
alte, traditionelle Teestube zur Entspannung auf. Und hier schaue ich mir in Ruhe auf dem Monitor meiner Digitalkamera meine Fotos an, die ich am Nachmittag im gerade erst eröffneten Teppichmuseum gemacht habe. Präsentiert sich dieses modern gestaltete Haus mit den
wertvollsten Exponaten, die das Land vorzuweisen hat, von außen - wie sollte es auch anders sein - als unübersehbar gigantisch aufgerollter Teppich.
Die 1. Europäischen Spiele 2015 in Baku.
Da erinnern mich meine Fotos aber auch an die architektonisch überzeugenden Sportstätten, die für die 1. Europäischen Spiele im kommenden Jahr wie Pilze aus der Erde wachsen.
Da wird Baku vom 12. bis 28. Juni 2015 wieder weltweit mit sportlichen Wettkämpfen in 19 Disziplinen in aller Munde sein.
Die Felszeichnungen von Qobustan außerhalb von Baku.
Rund sechzig Kilometer südlich von der Hauptstadt Baku befinden sich steinzeitliche Felsmalereien. Und diese ältesten Stätten der menschlichen Zivilisation will ich mir dann auch mal ansehen. Da führt mich mein Weg entlang des Kaspischen Meeres in Richtung Qobustan.
Dabei passiere ich schon nach kurzer Fahrt das uralte Ölfeld Bibi Heybat, auf dem im Jahre 1844 weltweit die erste Ölbohrung durchgeführt wurde. Mächtige verrostete Stahlskelette zeugen davon. Da tauchen bei der Fahrt aber auch die heutigen, weltweit größten Öl- und Gasterminals vor meinen Augen auf. Wurde das „Schwarze Gold“ zu seinen Anfängen noch in leckenden Holzfässern auf Pferden transportiert, so pumpt man es heute über die Transkaukasische Baku-Ceyhan-Pipeline zur türkischen Mittelmeerküste.
Und dann kündigen mächtige Felsbrocken die Erhebung von Böyküdaş dağı an und ich mache mich erst einmal schlau in einem neu gestalteten Museum, bevor ich mir die in Stein geritzten
archaischen Zeichen an den Felswänden von Menschen und Tieren erklären lasse. Da spricht man inmitten eines Gewirr von Linien und übereinander liegenden Gravuren unter anderem von kämpfenden Männern, Amazonen und allerhand Getier. Noch beeindruckt von den Hinterlassenschaften früheren Lebens lasse ich das in Ruhe auf mich einwirken, während mein
Blick an einer mächtig freistehenden Felsnase über einer tiefen Felsschlucht dieser Steinwüste bis ans weit entfernte Meer hin wandert. Es muss, so sagt man, zu früheren Zeiten einmal ein blühendes Land gewesen sein.
Gerd Krauskopf
Infos:
über Baku
Einreise:
Für die Einreise nach Aserbaidschan muss vor der Reise ein Visum beantragt werden, welches seit neuestem auch als e-visa möglich ist.
Weitere Informationen
Fremdenverkehrsamt von Aserbaidschan, c/o AVIAREPS Tourism GmbH, Josephspitalstraße 15, 80331 München, Tel: 089-55 25 33 836, Email:
Über Aserbaidschan:
Aserbaidschan liegt in der Kaukasusregion in Vorderasien und grenzt an Russland, Georgien, Armenien, Iran und ein kleines Stück an die Türkei.
Im Osten wird Aserbaidschan vom kaspischen Meer, dem größten Binnensee der Welt, begrenzt.
Mit neun von weltweit elf vorherrschenden Klimazonen bietet Aserbaidschan eine wahre Vielfalt an landschaften.
Die Hauptstadt Baku mit einem besonderen Mix aus geschichtsträchtigen Monumenten und modernsten Gebäuden wird im kommenden Jahr 2015 wieder mit den 1. Europäischen Spielen von sich reden machen.